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Aus: Ausgabe vom 06.06.2017, Seite 3 / Schwerpunkt
Palästina-Demo

Protestdemo: Israels Lügengebäude

Von Kristian Stemmler

Palästinensische Fahnen wehten am Samstag in Hamburgs Innenstadt. Rund 200 Menschen, darunter etwa zwei Drittel Palästinenser und ein Drittel deutsche Unterstützer, zogen vom Hauptbahnhof zum Gänsemarkt, um gegen die 50 Jahre andauernde israelische Besatzung des Westjordanlandes und des Gazastreifens zu protestieren. Im Sechstagekrieg im Juni 1967 hatte Israel die 22 Prozent des ehemaligen britischen Mandatsgebiets Palästina, das den Palästinensern noch geblieben war, besetzt. Veranstalter der Demo waren unter anderem Hamburgs Palästinensische Gemeinde und der Verein »Palästinensische Gemeinschaft in Deutschland«.

In einem Redebeitrag sprach Norman Paech, Völkerrechtler und früherer außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, von einem »gigantischen Lügengebäude«, das Israel errichtet habe. Die größte Unwahrheit sei die Behauptung, sich aus den besetzten Gebieten wieder zurückziehen zu wollen. Damit sei Israel in die »sogenannten Friedensverhandlungen« gegangen. Alle Regierungen hätten Beifall geklatscht und sich in dem Lügengebäude eingerichtet, »mit Heerscharen von Diplomaten und Gesandten, mit Gesprächsrunden, Landkarten und Abschlusserklärungen«.

Eine andere Lüge sei, dass Israel die einzige Demokratie im Mittleren Osten sei, so Paech. Angesichts des Umgangs mit den Palästinensern in den besetzten Gebieten könne das Land nicht Demokratie genannt werden: »Eine Demokratie leugnet nicht die Grund- und Menschenrechte von Millionen Menschen, enteignet nicht ihr Land und plündert nicht ihre Ressourcen, zerstört nicht ihre Häuser und raubt ihnen nicht ihre Zukunft.«

Der Völkerrechtler forderte eine »neue deutsche Palästina-Politik«. Die Bundesregierung müsse ihre Unterstützung »für den Landraub der israelischen Siedlungspolitik« aufgeben und Maßnahmen gegen Israel ergreifen, etwa die Suspendierung des EU-Assoziierungsabkommens und die Einstellung aller Waffenlieferungen. Paech bezeichnete die 2005 gestartete Kampagne »Boykott, Divestment and Sanctions« (BDS) gegen Israel als legitim, sie sei nicht gegen das jüdische Volk gerichtet, »sondern ausschließlich gegen eine kriminelle Politik der israelischen Regierung«.

Sönke Wandschneider vom »Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung« warf in seinem Beitrag Israel vor, für eine »systematische Entrechtung, Demütigung und Unterdrückung« der Palästinenser verantwortlich zu sein. Derartige Kritik werde gern als antisemitisch abgetan, aber: »Dieses klebrige Hemd ziehe ich mir nicht an«, so Wandschneider. Die Kritik betreffe das rechtswidrige Handeln der israelischen Regierung, nicht Israel oder die Juden als Ganzes.

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