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Aus: Ausgabe vom 09.01.2013, Seite 12 / Feuilleton

Jubel der Woche: Braumann, Schindler, Gäbler

Von Jegor Jublimov
Am Sonnabend wird im Potsdamer Filmmuseum gefeiert. Um 18 Uhr läuft Ralf Kirstens Fontane-Verfilmung »Unterm Birnbaum« (1973) mit Erik S. Klein, Angelica Domröse und Agnes Kraus. Diese Literaturadaption wünschte sich Kameramann Wolfgang Braumann zu seinem 75. Geburtstag, weil der auch als Maler begabte Bildkünstler hier eine besondere Optik zeigte. »Wolfgang Braumanns Kamera holt starke Wirkungen aus der meist düster verhangen erscheinenden Landschaft des Oderbruchs und den ausdrucksvollen Gesichtern der Darsteller ihrer in provinzieller Enge und Aberglauben gefangenen Bewohner«, schrieb damals der Tagesspiegel.

Braumann hat Berichte und Reportagen gedreht (u.a. für »Prisma«), Gegenwartsfilme, Komödien, Musicals, aber vor allem stand er bei vielen trickreichen Kinderfilmen hinter der Kamera, für Regisseure wie Walter Beck, Hans Kratzert, Rolf Losansky, Günter Meyer und Hannelore Unterberg, mit der er auch nach Ende der DEFA noch arbeitete.

Einmal drehte Braumann mit Kratzert auch einen Indianerfilm. Die Dreharbeiten für »Tecumseh« führten ihn 1971 auf die Krim und in die Karpaten, Aufnahmen, die am Schneidetisch angeglichen werden müssen, wozu die Schnittmeisterin besonderes Fingerspitzengefühl haben muß. Das machte damals Monika Schindler, die, obwohl sie am Sonnabend ebenfalls 75 wird, noch heute zu den gefragten Könnern in ihrer Profession zählt. Als Lernende begann sie schon 1955 bei der DEFA, aber weil sie der Meinung war, daß man nie auslernt, stellte sie sich allen Erneuerungen offensiv und erlernte mit über 60 Jahren noch die Techniken des Digitalschnitts.


Die Filme, die sie im Laufe der Jahrzehnte mit Regisseuren wie Roland Gräf, Egon Günther, Günter Reisch oder Andreas Dresen realisierte, erhielten zahlreiche Preise, und die Heinrich-Greif-Preisträgerin der DDR gewann später den Deutschen Filmpreis. Oft hat sie schwache Stoffe durch geschickten Schnitt gerettet.

In Binz steht heute abend Dorit Gäbler als Marlene Dietrich auf der Bühne. Das wird eine besondere Vorstellung, denn die Schauspielerin und Diseuse begeht heute unglaublicherweise ihren 70.! Vor über 50 Jahren stand die Studentin in »Tempel des Satans« erstmals vor der Kamera, hatte 1969 mit »Gib acht auf Susi« ihren Durchbruch und hat seitdem Schauspiel und Gesang immer geschickt miteinander verbunden. Als eine ihrer schönsten Rollen spielte sie die Eurydike in dem 70-mm-Film »Orpheus in der Unterwelt« (1974). Übrigens tritt die Wahl-Dresdnerin nicht nur als Marlene vors Publikum. Auch in ihrem Hildegard-Knef-Programm ist sie umwerfend.

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