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Aus: Ausgabe vom 25.01.2014, Seite 12 / Feuilleton

Insel Thalheim

Was sagt man jungen Bands? Ihr müßt spielen, spielen, spielen – live und nicht vor oder mit dem Computer. Und dann… vielleicht… sieht alles irgendwann mal ganz anders aus. Und was sagt man Barbara Thalheim nach 40 Bühnenjahren? Es ist schön, daß du wieder spielst, weil man als Zuhörer sonst so einsam ist wie der Künstler, der nicht spielen kann oder will.

Es gibt diesen behämmerten Spruch. Es gibt nur einen Rudi Völler. Und der ist ja sehr sympathisch, auch wenn der Fußball, den er als DFB-Teamchef spielen ließ, noch behämmerter war als dieser Spruch. In kunsttheoretischer Abwandlung ließe sich mit aller gebotenen Emphase sagen: Es gibt nur eine Barbara Thalheim. Aber die Musik, die sie spielt, ist viel besser als der Unterhaltungssport, der einem sonst das Leben so süß macht wie Maschinenöl.

Ihr Liedermacher-Chanson-Soul mit proletarischem wie intellektuellem Anspruch, ist ziemlich einzigartig. Sie ist da in ihrer eigenen Liga unterwegs, wie sonst vielleicht nur noch Konstantin Wecker. Auch wenn Thalheim noch viel direkter ist. Bei ihr denkt man nicht daran, daß da jemand mit dem Publikum spielen möchte wie mit seinem Flügel.


Auf ihrem neuen Live-Album »Zwischenspiel«, aufgenommen in kleiner Jazzquartett-Besetzung im Februar 2013 im Schloßplatz-Theater in Berlin-Köpenick, sind nach Thalheims Aussage alle Lieder als Liebeslieder zu verstehen. Liebe nicht als Demut oder Ignoranz, nein, als Aufforderung zum Klar-beieinander-sein: »Ich bin zum Sehen geboren / und nicht daß mir einer sagt, was er sieht / Ich hab selber Ohren / und sing mein eigenes Lied.«

Die Leute, die nicht lieben können, haben Probleme. Die, die lieben können, haben natürlich noch viel mehr, aber ganz andere, wissenswerte. Und Barbara Thalheim hat Lieder. Sie möchte gerne eine Insel sein, »mit nem Heiligenschein / aus weißem Strand und Dünensand«. Ist sie, claro que si. Und am heutigen Samstag um live im Kino Babylon in Berlin-Mitte. (jW)
Barbara Thalheim: »Zwischenspiel« (Conträr Musik)
live, Samstag abend 20 Uhr, Kino Babylon, Rosa-Luxemburg-Str. 30, Berlin

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