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17.12.2021 19:30 Uhr

»Der Imperialismus will unser Land in die Knie zwingen«

Über die aggressive Politik der USA in Vergangenheit und Gegenwart sowie den Widerstand Russlands und Chinas. Ein Gespräch mit Dmitri Nowikow (Teil I)
Von Andrei Doultsev
Drehen an der Eskalationsspirale im Konflikt mit Russland. Manöver der US-Army in Pabrade, Litauen, 11. November 2021

Für wie gefährlich halten Sie die Gefahr einer imperialistischen Aggression gegen die Russische Föderation und die Volksrepublik China heute?

Um Ihre Frage zu beantworten, möchte ich an Lenin erinnern, der betonte, dass Kriege unvermeidlich sind, solange die Gesellschaft in Klassen geteilt ist und solange die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen existiert. Der Anführer der Bolschewiki wies auch darauf hin, dass der Krieg ein notwendiges Produkt des Kapitalismus ist.

Der Kern des bürgerlichen Systems ist das Streben nach Profit um jeden Preis. Die Kapitalisten schrecken nicht vor Betrug oder Gewalt zurück, um ihre Ziele zu erreichen. Dies ist besonders typisch für die Phase des Imperialismus. Die Kapitalisten beschränken ihre Begierden nicht auf ein Land oder einen Kontinent. Sie wollen die ganze Welt. Dies führt unweigerlich zu Konflikten, auch zu militärischen Auseinandersetzungen. Womit, wenn nicht mit dem Profitstreben der Konzerne, sind die Ereignisse der letzten Jahre in Nahost zu erklären? Im Dienste des Kapitals haben die imperialistischen Regierungen den Irak überfallen. Libyen ist zerstört worden. In Syrien ist der Versuch unternommen worden, die Regierung zu stürzen. Hinter all diesen Taten steht der Wunsch, an die reichen Ressourcen einer großen Region heranzukommen.

Was war der Staatsstreich 2019 in Bolivien? Der liberale Publikumsliebling und Milliardär Elon Musk hat seine Beteiligung an diesen Ereignissen offen zugegeben. »Wir werden putschen, gegen wen immer wir wollen! Komm damit klar«, prahlte er. Musks Motiv ist die Ausbeutung des Lithiums in Bolivien, das für die Produktion von Elektroautos dringend benötigt wird. Glücklicherweise ist es den bolivianischen Arbeitern gelungen, der Reaktion standzuhalten und den Einfluss der Linken wiederherzustellen. Natürlich halten einzelne Misserfolge den Imperialismus kaum auf. Er strebt die globale Hegemonie an und wird versuchen, alle Hindernisse, die ihm im Wege stehen, zu zerstören. In der modernen Welt heißen diese Hindernisse vor allem China und Russland.

China ist infolge des sozialistischen Aufbaus zu einer wirtschaftlichen Supermacht und zu einem neuen Pol der globalen Entwicklung geworden. Der von China unterbreitete Vorschlag eines Systems der internationalen Beziehungen wird für die Menschen in aller Welt immer attraktiver. Was Russland angeht, scheint es, als sei das Land nach 1991 auf den Weg des Kapitalismus zurückgekehrt. Dennoch attackieren die Imperialisten Russland weiterhin. Sie wollen sich nicht damit abfinden, dass Moskau die Anerkennung seiner souveränen Rechte und seines gewohnten Einflussbereiches fordert. Sie wollen ein vollständig kontrolliertes und vorzugsweise zerstückeltes Russland. Eine solche Entwicklung würde es dem globalen Kapital ermöglichen, Zugang zu den natürlichen Reichtümern unseres Landes zu erhalten, in neue Märkte zu expandieren und den nuklearen Raketenschild abzubauen, den Russland von der Sowjetunion geerbt hat.

Bislang zieht es der Imperialismus vor, relativ »friedliche« Hebel einzusetzen, um seine Ziele zu erreichen: diplomatischer Druck, Wirtschaftssanktionen, Desinformation. Dennoch werden besorgniserregende Vorbereitungen getroffen. Sowohl an der chinesischen als auch an der russischen Grenze werden militärische Kräfte zusammengezogen. In der Nähe von Chinas und Russlands Grenzen werden provokative Militärmanöver durchgeführt, und die Nachbarländer werden in Militärbündnisse gelockt, um sie auf die Seite der Imperialisten zu ziehen.
Gewiss traut sich das globale Kapital heute nicht, offen mit militärischen Mitteln zu agieren. Das bedeutet aber nicht, dass es diese Möglichkeit grundsätzlich ausschließt. Ich wiederhole: Expansion und Aggression sind das Wesen des Großkapitals, die Voraussetzung für sein Überleben.

Für die USA ist der Wunsch, einen Konkurrenten durch Krieg oder Staatsstreich zu schwächen oder zu vernichten, seit Ende des 19. Jahrhunderts fester Bestandteil ihrer Außenpolitik. 1898 war die Explosion des Schlachtschiffs Maine im Hafen von Havanna der inszenierte Auslöser für den Spanisch-Amerikanischen Krieg. In der Folge besetzten die USA Kuba, Puerto Rico, Guam und die Philippinen.

Anfang des 20. Jahrhunderts kontrollierte der US-Imperialismus bereits Lateinamerika und fasste in den strategisch wichtigen Regionen Südostasiens – bis nach Taiwan – Fuß. Der Ausgang des Ersten Weltkriegs hat die USA gestärkt, Großbritannien geschwächt und Deutschland gedemütigt. Russland schied 1917 durch Lenins Friedensdekret aus dem imperialistischen Krieg aus. Das erste Dekret der Sowjetmacht rief alle kriegführenden Länder zum Frieden ohne Annexionen und Kontributionen und zum Aufbau grundlegend neuer zwischenstaatlicher Beziehungen auf.

Die Imperialisten traten der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution entgegen. Die USA beteiligten sich an der ausländischen Militärintervention gegen die junge Sowjetmacht. Sie versuchten, den ersten sozialistischen Staat zu zerstören, und ebneten den Weg für die Zerstückelung unseres Landes. Die Washingtoner Politiker haben Tausende von Opfern unter russischen Arbeitern und Bauern, die Ausplünderung natürlicher Ressourcen in Russland, die Zerstörung seiner Unternehmen und Infrastruktur auf dem Gewissen.

Die Krise von 1929–1933 verschärfte den Kampf um die Neuaufteilung der Welt. Eine Allianz aus Deutschland, Italien und Japan machte sich daran, den gesamten Planeten zu unterjochen. Der Zweite Weltkrieg begann mit der japanischen Aggression gegen China. In der Anfangsphase hatten die US-Imperialisten Japan großzügig mit Rohstoffen, Maschinen, Ausrüstung und bis zum 5. Juli 1941 auch mit Öl versorgt. Im Auftrag des Militärs machten sie blutige Geschäfte. Gleichzeitig versuchten sie, die japanischen Kräfte an der chinesischen Front zu binden, um Tokios Expansion im Pazifik und im Indischen Ozean zu verhindern. Das chinesische Volk hat für diese Politik mit dem Leben von Millionen Menschen bezahlt.

Die Sowjetunion trug die Hauptlast des Zweiten Weltkriegs. An der sowjetisch-deutschen Front – in den Schlachten von Moskau, Stalingrad und in der Panzerschlacht im Kursker Bogen wurde die Niederlage des Faschismus vorbereitet. Die Beteiligung der USA an der Antihitlerkoalition bedeutete nicht, dass ihre herrschenden Kreise auf eine antisowjetische Politik verzichteten. Für Washington war der Krieg gegen Deutschland und Japan durch die Erfordernisse des Augenblicks in einer Phase der drastischen Zuspitzung der innerimperialistischen Widersprüche nötig geworden.

Die Niederlage des deutschen Faschismus und des japanischen Militarismus führte zur vollständigen Vorherrschaft der USA in der kapitalistischen Welt. Das tragische Symbol dieser Hegemonie war der Atombombenangriff auf Hiroshima und Nagasaki im August 1945. Nachdem sie kurzzeitig eine militärische Überlegenheit gegenüber der UdSSR erlangt hatten, arbeiteten Politiker und Strategen in Washington an Plänen für einen Atomschlag auf dem Gebiet ihres einstigen Verbündeten. Diese Pläne wurden durch Moskaus Erfolg, durch die Stärkung seines militärischen Potentials und seine wachsende Wirtschaftskraft zunichte gemacht. Aufgrund des Durchbruchs in der wissenschaftlichen, technischen und industriellen Entwicklung erlangten die UdSSR und ihre Verbündeten ein militärisches Gleichgewicht mit dem imperialistischen Machtblock. Die Länder des Warschauer Vertrags garantierten damit zuverlässig ihre Souveränität und trugen dazu bei, den Planeten vor einem neuen globalen Krieg zu schützen. Die aus den Ruinen des Krieges auferstandene Sowjetunion wurde zu einem alternativen Pol der Weltordnung, zu einem Bollwerk der Freiheit und des Fortschritts.
Die Zerstörung der UdSSR ist deshalb eine Katastrophe globalen Ausmaßes, ein historischer Rückschlag. Die Vereinigten Staaten haben den Status einer globalen Hegemonialmacht erlangt. Doch entgegen den Behauptungen liberaler Ideologen hat die so erreichte »Pax Americana« nicht zu einem Ende der Kriege und lokalen Konflikte geführt. Militäreinsätze im Irak, in Jugoslawien, Somalia, Libyen, Haiti, Pakistan, Liberia, Afghanistan, Syrien, Jemen und anderen Staaten waren Züge auf dem »globalen Schachbrett«.

Nach dem Übergang der kapitalistischen Welt in die Phase der Globalisierung hat sich die Gefahr eines großen Krieges im 21. Jahrhundert weiter zugespitzt. Doch es gibt mehrere Hindernisse für die Umsetzung aggressiver imperialistischer Pläne. Dazu gehören Russlands Verteidigungsmaßnahmen und die Etablierung eines neuen Machtpols, der Volksrepublik China.

Ein bewaffneter Konflikt, an dem NATO-Länder, China und Russland beteiligt wären, würde sich unweigerlich zu einem globalen Krieg entwickeln. Zu groß ist das gesamte Militärpotential seiner vermeintlichen Teilnehmer. Die gesamte militärische Macht aller an diesem hypothetischen Konflikt beteiligten Parteien übersteigt 80 Prozent der weltweiten militärischen Kapazitäten. Wenn wir die strategischen Nuklearkräfte betrachten, sind es 100 Prozent. Eine solche militärische Auseinandersetzung bedeutete den Untergang der Menschheit.

Leider gewinnen Ideen eines Präventivkriegs in reaktionären Kreisen im Westen an Popularität. Offenbar haben manche Leute die Lehren aus der Geschichte völlig vergessen und glauben, die Risiken minimieren zu können. Diese Kriegstreiberei ist ein gefährlicher Wahn. Die Verhinderung eines drohenden neuen Weltkrieges ist eine der wichtigsten Aufgaben aller Anhänger des Sozialismus, einschließlich unserer Partei, der KPRF.

Seit 2016 sind Sie Erster Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für internationale Angelegenheiten in der Staatsduma. Was ist die Antwort der KPRF auf die Politik der USA und ihrer NATO-Verbündeten?

Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation ist die Partei der Werktätigen. Ihre Aufgabe besteht darin, Russland auf den Weg des Sozialismus zurückzuführen, die Union der Brüdervölker wiederherzustellen und den Menschen jene Rechte wiederzugeben, die in den Jahren der Restauration des Kapitalismus verlorengegangen sind. Eine Voraussetzung dafür ist die Gewährleistung der Sicherheit unseres Landes gegen militärische Bedrohungen durch die USA und die NATO.

Im Oktober 1918 sagte Lenin: »Eine Revolution ist nur dann etwas wert, wenn sie sich zu verteidigen versteht.« Damals tobte in Russland bereits der Bürgerkrieg, der von Washington und einigen europäischen Hauptstädten angeheizt und gelenkt wurde. Die Gründung der Roten Arbeiter- und Bauernarmee gehörte zu den wichtigsten Schritten der Sowjetmacht. Die neue Armee verteidigte von Anfang an den Sozialismus im Kampf gegen die Interventen und deren Handlanger von der Weißen Garde.

Gut 20 Jahre später zielte das Hitlerregime auf die Zerstörung der Sowjetunion, auf die Ausrottung eines Großteils unseres Volkes und auf die Versklavung der restlichen Bevölkerung. Zusammen mit der Wehrmacht drangen Militärkontingente aus Italien, Finnland, Ungarn, der Slowakei, Rumänien, Bulgarien sowie Fremdenlegionäre der SS-Truppen in unser Land ein. Die heldenhafte Rote Armee besiegte diese Streitkräfte und schenkte der Welt den großen Sieg. Etwa 27 Millionen Sowjetbürger, unter ihnen Frauen, alte Menschen und Kinder, wurden Opfer der faschistischen Gewalt.

Die KPRF widmet der Außenpolitik größte Aufmerksamkeit. Wir verfolgen die Ereignisse in der Welt und in Russland mit größter Besorgnis. Geleitet von den Ideen des Marxismus-Leninismus und in Erinnerung an Lenins Imperialismusanalyse sind wir uns der Gefahr, die über unserem Land schwebt, sehr wohl bewusst. Das globale Kapital hat seine grundsätzliche Entscheidung getroffen. Das Urteil über Russland ist gefällt, und diese Entscheidung hängt nicht mehr davon ab, welche Politik der Kreml konkret betreibt.

Unter diesen Umständen hält es die KPRF für äußerst wichtig, die nationale Sicherheit und die Position Russlands auf der Weltbühne zu stärken. In den letzten Jahren ist es unserer Partei gelungen, eine Wende in der russischen Außenpolitik zu erzwingen. Einige Hauptfragen der Sicherheit Russlands bleiben jedoch ungelöst. Unterdessen wird Russland von immer neuen NATO-Militärstützpunkten umzingelt, die Sanktionen werden verschärft. Der militärisch-politische Druck steigt. Der Informationskrieg wird immer intensiver. Die NATO-Strategen erwägen Pläne für »Abrüstungsschläge« gegen Russland.

Das Nordatlantische Bündnis hat kürzlich im Schwarzen Meer Manöver durchgeführt. Seine militärische Aktivität ist dort so hoch wie nie zuvor. Während dieser Manöver sammelten die USS Mount Whitney, das Flaggschiff der 6. Flotte, und der Zerstörer USS Porter, umgeben von rumänischen, türkischen und ukrainischen Marineschiffen, Informationen. Die US-Amerikaner hielten sich fast eine Woche lang in gefährlicher Nähe der russischen Hoheitsgewässer auf. Während der gesamten Übungen kreisten »Poseidon«-Aufklärungsflugzeuge am Himmel. Wir betrachten diese Übungsmanöver als eine Provokation, die darauf abzielt, die Situation weiter zuzuspitzen.

Leider hegen viele Vertreter der herrschenden Elite in Russland noch immer gefährliche Illusionen. Sie glauben, dass es sich lohnen könnte, dem Westen Zugeständnisse zu machen, dass das Land in die »zivilisierte Gemeinschaft« aufgenommen und der Westen mit ihnen auf Augenhöhe sprechen würde. Das ist ein großer Irrtum. In den 1990er Jahren hat dieser Irrtum unser Land fast in den Ruin getrieben und beinahe zu einem völligen Verlust der Souveränität geführt. Der Imperialismus wartet nur darauf, dass Russland seine Abwehrkräfte schwächt, um es in die Knie zu zwingen und zu seinem machtlosen kolonialen Anhängsel zu machen.

Die KPRF vertritt einen grundsätzlich anderen Standpunkt. Die erste Voraussetzung für die Verteidigungsfähigkeit ist die Stärkung der Wirtschaft. Die Konzentration auf den Rohstoffexport kann nur kurzfristig Gewinne bringen. Um stark und autark zu sein, müssen wir uns auf Mikroelektronik, Maschinenbau, Robotertechnik, Biotechnologien und andere fortschrittliche Industriezweige konzentrieren. Da dies mit marktliberaler Politik nicht zu erreichen ist, befürwortet die KPRF die Verstaatlichung maßgeblicher Sektoren unserer Volkswirtschaft und den Übergang zur planwirtschaftlichen Entwicklung Russlands.

Zusammenhalt und Solidarität angesichts großer äußerer Bedrohungen ist für jedes Land wichtig. Doch während eine kleine Gruppe von Oligarchen steinreich wird, verarmt die Mehrheit der russischen Bevölkerung. Unter solchen Bedingungen ist keine nationale Solidarität zu erwarten. Ungleichheit spaltet die Gesellschaft nach sozialen Schichten. Im Falle einer militärischen Aggression von außen werden nicht alle Werktätigen bereit sein, ihr Leben für die Superyachten von Abramowitsch, die Paläste von Deripaska und die Gewinne anderer Oligarchen zu opfern. Die KPRF befürwortet eine einschneidende Revision der Sozialpolitik.

Russland sollte seinen Kreis von Freunden und Gegnern klar definieren. 2014 hat Moskau einen »Schwenk nach Osten« ausgerufen. Diese Erklärungen haben jedoch nicht die Form einer klaren außenpolitischen Doktrin angenommen. Russland kann seine Unabhängigkeit nur bewahren und stärker werden, wenn es seine traditionsreichen, nach 1991 jedoch geschwächten Beziehungen zu Asien, Lateinamerika, Afrika und im postsowjetischen Raum wiederherstellt. Die KPRF steht für strategische Beziehungen zu China. Unsere Völker haben gemeinsame langfristige Interessen. Dazu gehört zuvorderst die Beseitigung der imperialistischen Hegemonie der USA und des Zustands einer unipolaren Welt. Natürlich bedeutet die Stärkung der Souveränität Russlands keinen vollständigen Bruch mit den westlichen Ländern. Aber die Beziehungen zu ihnen müssen den wirklichen nationalen Interessen untergeordnet werden, und das sind die Interessen der Mehrheit des Volkes, der Arbeiter.

Es ist ferner wichtig, Versuche reaktionärer Kräfte zu verhindern, die Rolle der UNO als höchstes Gremium für die Harmonisierung zwischenstaatlicher Interessen zu untergraben. Die USA werden diese Maßnahmen intensivieren, unabhängig davon, ob der Republikaner Trump oder der Demokrat Biden Präsident ist. Mit der Initiierung eines »Gipfels der Demokratien« versucht Washington, die Bedeutung der Vereinten Nationen zu schmälern und lässt das Bestreben erahnen, neben der UNO alternative Allianzen zu schaffen.

Friedliebende Staaten sollten ihre Anstrengungen zum Aufbau harmonischer Beziehungen zwischen Ländern und Völkern koordinieren. Inte­grationsverbände wie die BRICS – Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika –, die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit und die Eurasische Wirtschaftsunion wurden gegründet. Die Welt wird davon profitieren, wenn diese zwischenstaatlichen Institutionen an Einfluss gewinnen.

Es ist an der Zeit, sich auf die Erfahrungen der antimilitaristischen und antifaschistischen Bewegungen zu besinnen. Im 20. Jahrhundert waren diese Massenbewegungen sehr stark. Heute sind solche Kämpfe nicht weniger wichtig. Die Rehabilitierung des Nationalsozialismus in der Ukraine, den baltischen Staaten und anderen Ländern erfordert die Mobilisierung und den Widerstand der Arbeiter. Grundlage für die antimilitaristische, antifaschistische und antiimperialistische Bewegung muss die Stärkung der Verbindungen zwischen kommunistischen Parteien, Arbeitervereinigungen und anderen progressiven Organisationen sein. Richtig in diesem Zusammenhang ist die Forderung nach Beendigung der US-Besatzung Europas und Auflösung der NATO.

Was sind die Aufgaben der Kommunisten und der Friedensbewegung weltweit in der gegenwärtigen Situation?

Der Kampf für den Frieden stand schon immer auf der Tagesordnung der Linken. Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts, als sich die Gewitterwolken des Ersten Weltkriegs über Europa zusammenzogen, sprachen die proletarischen Parteien mehrfach von der Unzulässigkeit des Krieges als Mittel zur Lösung zwischenstaatlicher Konflikte. Im August 1907 verabschiedete der VII. Kongress der Zweiten Internationale in Stuttgart eine Resolution, in der die Notwendigkeit festgehalten war, dass sich das Proletariat weigern solle, Regierungen in einem großen Krieg zu unterstützen.

Im November 1912 verabschiedeten die Delegierten des IX. Kongresses der Zweiten Internationale in Basel angesichts der Gefahr, dass sich eine Reihe von Kriegen auf dem Balkan zu einem gesamteuropäischen Konflikt ausweiten könnte, ein Manifest zur Solidarität im Kampf gegen die Friedensbedrohung. Dem Proletariat gelang es daraufhin, die Pläne der Kriegstreiber zu durchkreuzen. Diese historische Tatsache ist heute wenig bekannt. Leider sprachen sich im August 1914 nur die russischen Bolschewiki und die bulgarischen »engen Sozialisten« entschieden gegen den Krieg aus. Der Verrat seitens der sozialdemokratischen Führer war der Anfang vom Ende der Zweiten Internationale. Ihre Nachfolge als ernsthafte sozialistische Kraft trat die Komintern an.

Seit den Zeiten von Marx und Engels haben Kommunisten für die Interessen der Werktätigen und für die Abschaffung von Ausbeutung und sozialer Ungleichheit gekämpft. Angesichts des globalen kapitalistischen Expansionismus läuft die Arbeit der Kommunisten darauf hinaus, den Kampf gegen die Herrschaft des Kapitals innerhalb der Länder mit dem Widerstand gegen den Expansionismus der imperialistischen Zentren zu verbinden.

Internationalismus und internationale Solidarität unter den Arbeitern sind dringend vonnöten. Der Kapitalismus erstickt an seinen eigenen Widersprüchen. Er bremst die wirtschaftliche Entwicklung und führt zum kulturellen Verfall. Er stürzt die Welt in einen immer tieferen Abgrund. Aber das System wird nicht von selbst zusammenbrechen. Um seine Existenz zu verlängern, hetzt er Völker und Religionen gegeneinander auf, intensiviert die Ausbeutung und beutet die natürlichen Ressourcen unseres Planeten rücksichtslos aus. Bürgerliche Politiker sind mehr und mehr bereit, mit nationalistischen und religiösen Ideen zu hantieren. Infolgedessen erheben profaschistische und andere reaktionäre Gruppen ihr Haupt. Auf diese Weise will das Kapital von seinen eigenen Versäumnissen ablenken.

Die Aufgabe der Kommunisten besteht darin, nicht zuzulassen, dass der ideologische Nebel den Arbeitern den Blick auf die wahren, durch die Klassengesellschaft bedingten Ursachen der sich vertiefenden Krise verstellt. Kommunisten sind aufgerufen, in der Mitte des Volkes zu sein, Arbeitern das sozialistische Bewusstsein zu vermitteln und den Kampf der Massen für ihre wahren Interessen anzuführen. Es gibt immer mehr erfolgreiche Beispiele für diesen Kampf. In Indien hat die Regierung nach einjährigen Massenprotesten neoliberale Reformen rückgängig gemacht, mit denen die Landwirtschaft in die Hände der kapitalistischen Unternehmer hätte gelegt werden sollen. Die Stimme der Arbeiter in Brasilien, Südkorea, Südafrika, Kolumbien, den USA und Kasachstan wird immer lauter.

Die Verteidigung der Bürgerrechte ist mit dem antiimperialistischen Kampf eng verflochten. Die Kommunisten Griechenlands, der Türkei, Spaniens und Japans führen den Widerstand gegen die ausländische Militärpräsenz an und fordern den Rückzug ihrer Länder aus aggressiven imperialistischen Militärbündnissen.

Unter den heutigen Umständen, in denen der Weltfrieden bedroht ist, müssen kommunistische Parteien und progressive Kräfte in ihren Aktionen nach Einigkeit streben. Wir müssen die Solidarität der Arbeiter fördern und ihre Avantgarde in Form der Parteien, die für den Sozialismus kämpfen, stärken. Wir haben einen gemeinsamen Feind, das Kapital, und wir können uns nur gemeinsam von seinen Fesseln befreien.

Die Gefahren, die von den Imperialisten ausgehen, erfordern eine klare und koordinierte Antwort. Es ist wichtig, dass die seit 1998 regelmäßig stattfindenden internationalen Treffen der kommunistischen und Arbeiterparteien fortgesetzt werden. Sie knüpfen an die Traditionen an, die im Rahmen der Komintern und auf den Internationalen Treffen der kommunistischen und Arbeiterparteien 1957, 1960 und 1969 in Moskau entstanden sind. Bilaterale Kontakte zwischen den Parteien können eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Kriegsgefahren spielen. Auf diese Weise stärkt die KPRF die Beziehungen zu den kommunistischen Parteien in Europa und Asien, in Afrika und Amerika.

Andrei Doultsev ist Korrespondent der Tageszeitung Prawda in Paris

Dmitri Nowikow ist stellvertretender Vorsitzender des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation (KPRF). Er wird am 8. Januar 2022 auf der XXVII. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz einen Vortrag über die Krise des Imperialismus halten. Der von der Tageszeitung junge Welt und zahlreichen Unterstützern organisierte Jahresauftakt der deutschen Linken findet ganztägig als Onlineevent statt, der Livestream ist ab 10.30 Uhr kostenlos unter www.jungewelt.de/rlk abrufbar. ­Nowikow wird persönlich im jW-Sendestudio in ­Berlin-Mitte anwesend sein.

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