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Wieso die junge Welt auch weiterhin das Kulturgut Tageszeitung für unverzichtbar hält
Von Denis Gabriel
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junge Welt in der Druckerei

Wie die in Berlin erscheinende Tageszeitung Taz am vergangenen Wochenende verkündet, will sie ab Oktober 2025 aufhören, eine Zeitung zu sein (so Friedrich Küppersbusch in der Taz vom 16.09.2024) – und damit mal wieder Mediengeschichte schreiben. Tatsächlich soll es nach dem 17. Oktober 2025 nur noch an den Wochenenden eine gedruckte Taz geben. Der Rest wird digital zur Verfügung stehen. Über diesen Schritt redet die Taz schon seit Jahren, andere Tageszeitungen tapsen bereits ganz praktisch in diese Richtung: So erscheint das ND (vormals Neues Deutschland) montags nicht mehr in gedruckter Form, weitere Tage könnten folgen; als Printausgabe ist die Zeitung schon jetzt nur noch an den Wochenenden am Kiosk erhältlich (mit ganz wenigen Ausnahmen). Diverse Regionalzeitungen liefern seit einigen Monaten ihre Papierausgaben nicht mehr flächendeckend an die Abonnenten aus und verweisen auf Digitalangebote.

Zwar sind allen Beteiligten Wert und Vorteile einer gedruckten Tageszeitung durchaus bekannt. Es ist aber der Kostendruck, der den Verlagshäusern diese Form der Digitalisierung so schmackhaft macht: Ausgaben für Druck, Logistik und Zustellung fallen bei der Digitalversion weg. Hinzu kommt der dramatische Verfall der Auflage bei den gedruckten Vollabos bei fast allen Zeitungen. Laut Taz-Eigenangaben verkaufte sie im Jahresschnitt 2021 ganze 22.900 Vollabos, in der Jahresmitte 2024 blieben davon noch 16.100 übrig. Dafür stieg die Zahl der von der Taz so genannten »Zukunftsabos« (Wochentaz, Digiabo, Kombiabo) etwas an – aber trotz enormer Werbeanstrengungen blieb deren Zahl deutlich unter den Verlusten bei den Vollabos. Deshalb vermutet auch die FAZ in ihrem Kommentar zum Vorgang, dass der Verzicht auf die gedruckte Ausgabe von Montag bis Freitag auf der Kostenseite nur vorläufig etwas Druck wegnimmt. Nicht erörtert wird, zu welchem Preis dies geschieht: Die Zeitung wird im deutschsprachigen Raum im Einzelhandel deutlich weniger präsent sein, Lesegewohnheiten bisheriger Abonnenten werden nicht mehr bedient (weshalb nach Taz-Angaben gut 20 bis 30 Prozent von ihnen heute nicht wissen, ob sie nach der angekündigten Umstellung die Taz noch weiterlesen werden). Und die Taz leistet mit diesem Schritt einen konkreten Beitrag dazu, dass sich nachkommende Generationen das Kulturgut Zeitung und die damit verbundene Technik nicht mehr aneignen können – und ihnen damit ein wichtiges Instrument der Aufklärung nicht mehr zur Verfügung steht.

Verlag, Redaktion und Genossenschaft der Tageszeitung junge Welt kämpfen dafür, dass die jW auch weiterhin montags bis sonnabends in gedruckter Form genutzt werden kann. Die angekündigten und zum Teil schon umgesetzten Veränderungen auf dem sowieso schon stark gebeutelten Markt der Tageszeitungen werden aber zu weiteren Verwerfungen führen, die auch die junge Welt betreffen. Die Einstellung der Belieferung des Einzelhandels durch das ND hat zum Beispiel zu einem enormen Anstieg der Logistikkosten bei der jW geführt. Der Ausstieg einer anderen überregionalen Tageszeitung aus der Frühzustellung im nordostdeutschen Raum führte zu einer Verzehnfachung der Logistikkosten für den jW-Verlag. Welche Folgen der kommende Ausstieg von Taz und perspektivisch auch von ND aus der Tagesprintproduktion für die jW haben wird, kann im Moment kaum kalkuliert werden. Auch wenn die junge Welt also weiter für die Produktion einer gedruckten Tageszeitung kämpft, wird sie das digitale Geschäft nicht vernachlässigen dürfen. Denn während früher die Einnahmen aus dem Printgeschäft digitale Entwicklungen erst möglich gemacht haben, werden wir künftig die Printausgaben nur dann auf dem Markt halten können, wenn wir ausreichend Einnahmen aus Online- und Printabos gewinnen.

Als einzige der überregionalen Tageszeitungen beweist dabei die junge Welt, dass man auch mit Printabos noch Auflage machen kann: Seit zwei Monaten dokumentieren wir auf dieser Seite den Zugang an Abonnements, erreicht haben wir mit Stand heute knapp die ersten 1.000 von angestrebten 3.000 Abos für die Pressefreiheit. Interessant dabei ist, dass sich 30 Prozent der Besteller für ein Onlineabo entschieden haben, 70 Prozent aber die ganz klassische Version der gedruckten Tageszeitung bevorzugen.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

  • Leserbrief von Dandy aus Berlin (23. September 2024 um 02:53 Uhr)
    Mal sehen wie schnell die taz zur »Druckerei« zurückkehrt, wenn sie erstmal merkt, wie schnell ihr die Auflage wegbricht

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