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Aus: Ausgabe vom 21.01.2013, Seite 3 / Schwerpunkt

Die Terrorgruppe NSU in Bayern

Aktenkundig wurde der spätere NSU-Terrorist Uwe Mundlos in Bayern erstmals 1994, als er auf einer Party von Neonazis in einer Kiesgrube bei Straubing aufgegriffen wurde. Allerdings soll er nach Aussage eines Jugendfreundes bereits 1989 – direkt nach der Maueröffnung – in die oberfränkische Kleinstadt Kronach getrampt sein. Der damals 16jährige Noch-DDR-Bürger habe dort sein Begrüßungsgeld abgeholt und sich ein Butterfly-Messer gekauft – weil dies gerade »in« gewesen sei, so zitierte der Spiegel im November 2012 aus dem BKA-Protokoll der Zeugenvernehmung des Jugendfreundes. Was die beiden gerade nach Kronach führte, ist nicht bekannt. Wohl aber, daß dies der Wohnort eines Neonazikaders war, der inzwischen als ­V-Mann des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz enttarnt wurde und der sich 1998 auf einer Telefonliste im Rucksack von Uwe Mundlos wiederfand, den dieser scheinbar für den Fall seiner Flucht gepackt hatte. Kurz nach seinem Untertauchen stellte die Polizei den Rucksack sicher.

Mitte der 1990er Jahre besuchte Mundlos in Nürnberg die Gaststätte »Tiroler Höhe«, damals ein beliebter Treffpunkt von Neonazis. 1996 führte die bayerische Polizei bereits Mundlos und seinen späteren Terror-Komplizen Uwe Böhnhardt auf einer Liste als bekannte Neonazis auf.

Auch Mandy Struck, die der mutmaßlichen NSU-Terroristin Beate Zschäpe ihre Identität lieh, hielt sich ab 2000 mitunter in Nürnberg und München auf. Zusammen mit dem bekannten bayerischen Neonazi Gerhard Ittner soll sie im Juli 2001 beim Schlesier-Treffen in Nürnberg Flugblätter verteilt haben. Ittner hatte bereits im August 2000 in Nürnberg ein Flugblatt verteilt, in dem es hieß: »1. September 2000 – von jetzt ab wird zurückgeschossen« – wenige Tage später wurde der Blumenhändler Enver Simsek von der Terrorgruppe »Nationalsozialistischer Untergrund« erschossen. Es folgten vier weitere Morde an Kleingewerbetreibenden türkischer und griechischer Herkunft in Bayern.


Der als NSU-Unterstützer beschuldigte Ralf Wohlleben soll nach Erkenntnissen des italienischen Geheimdienstes AISI 20000 Euro an Neonazis in Südtirol übergeben haben, die Anschläge auf Migranten planten – gemeinsame Bekannte waren die bayerischen Neonazis Norman Bordin und Uwe Meenen. Bordins Anwalt Günther Herzogenrath-Amelung drohte im Dezember der bayerischen Landtagsabgeordneten Susanna Tausendfreund (Grüne), die sich dazu in einem Medienbericht geäußert hatte. Der Szene-Anwalt versuchte, eine Unterlassung zu erwirken. Tausendfreund empfahl Bordin auf ihrer Internetseite, er solle sich mit dem italienischen Geheimdienst AISI auseinandersetzen.

(clw)

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