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Aus: Ausgabe vom 23.08.2011, Seite 3 / Schwerpunkt

Porträt: Muammar Al-Ghaddafi

Der libysche Staatschef Muammar Al-Ghaddafi lehnt einen Machtverzicht weiter ab. Am Sonntag abend rief er seine Anhänger noch einmal auf, den Widerstand gegen die Aggressoren fortzusetzen: »Wie könnt ihr es den Kolonialisten erlauben, Tripolis wieder zu besetzen? Verteidigt Tripolis, wie es gegen die Italiener verteidigt wurde, oder ihr werdet morgen Sklaven sein!«

Vor schwierigen Herausforderungen stand Ghaddafi in den mehr als vier Jahrzehnten seiner Amtszeit schon öfter – er saß Terrorvorwürfe aus, widerstand internationalem Druck und US-amerikanischen Luftangriffen. Ein offizielles Regierungsamt hatte er dabei nicht inne. Das Regierungssystem der Dschamahirija stützt sich auf Volkskomitees und Volkskongresse.

Irgendwann dieses Jahr wird Gaddafi 69 Jahre alt; sein genaues Geburtsdatum im Jahre 1942 ist nicht bekannt. Als jüngstes von vier Kindern einer armen Beduinenfamilie genoß er im Gegensatz zu seinen drei Schwestern eine Schulausbildung, studierte Geschichte und Jura und schlug die Militärlaufbahn ein. 1965 gründete er den »Bund der freien Offiziere« und führte 1969 den Aufstand gegen König Idris an. Ghaddafi beförderte sich selbst zum Oberst, übernahm den Befehl über die Streitkräfte sowie den Vorsitz des Revolutionsrats und war bis 1972 auch Regierungschef. Er verschrieb sich der arabischen Einheit, dem Sozialismus und dem Kampf für die Verbreitung des Islams in der Welt. 1973 entwarf er in seinem »Grünen Buch« eine Anleitung zur Umsetzung direkter Demokratie.


Mit der Ausrufung der Großen Sozialistischen Libysch-Arabischen Volksdschamahirija 1977 übernahm das Allgemeine Volkskomitee die Regierung. Zwei Jahre später legte Ghaddafi formal sein letztes politisches Amt, das des Staatspräsidenten, nieder. De facto blieben aber er und seine langjährigen Weggefährten die bestimmenden politischen Persönlichkeiten des Landes.

Nach einem akzentuiert antiimperialistischen Kurs bis Ende der 1990er Jahre schwor Ghaddafi um die Jahrtausendwende unter anderem dem Terrorismus ab, entschädigte die Opfer des Bombenanschlags im Jahr 1988 auf ein Flugzeug über Lockerbie, und erklärte sich zum Verzicht auf Massenvernichtungswaffen bereit. Danach begann er, um westliche Investitionen zu werben, und bekannte sich zum Prinzip der Privatwirtschaft. Zudem wurde er für die EU zum Torwächter der Festung Europa und ließ seine Sicherheitskräfte die Überfahrt von Flüchtlingen aus Afrika verhindern. Dafür wurde er bis vor wenigen Monaten unter anderem vom französischen Staatschef Nicolas Sarkozy und Italiens Premier Silvio Berlusconi hofiert. (dapd/jW)

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