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Aus: Ausgabe vom 19.04.2006, Seite 9 / Ausland

Greenpeace widerspricht IAEA

Neue russische Studie geht von 90000 Krebstoten wegen Tschernobyl aus
Wegen der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl vor 20 Jahren werden voraussichtlich mehr als 90000 Menschen zusätzlich an Krebs sterben. Dies geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie der Umweltorganisation Greenpeace hervor, die sich auf verschiedene russischsprachige Studien bezieht. Damit widersprachen die Atomkraftgegner Zahlen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), die von rund 4000 Krebstodesfällen in Folge der Strahlenkatastrophe ausgeht. Die IAEA habe ein Interesse daran, die Folgen der Katastrophe vom 26. April 1986 zu verharmlosen und so zu tun, als seien die Folgen im Griff, sagte Greenpeace-Atomexperte Thomas Breuer am Dienstag in Berlin. Damit wolle man eine Renaissance der Atomkraft befördern. Tatsächlich seien die Folgen der Explosion in dem ukrainischen Atomkraftwerk bis heute nicht abzuschätzen.

Die Einschätzung der Russischen Akademie der Wissenschaften, die von 93000 zusätzlichen Krebstodesfällen. ausgeht, sei aber »sehr realistisch«. Auch die Langzeitfolgen in Deutschland und anderen Ländern außerhalb der am stärksten kontaminierten Zonen sind nach Angaben des Atomexperten nicht sicher einzuschätzen.

Die IAEA hat bislang insgesamt 58 Todesfälle mit der Tschernobyl-Katastrophe in Verbindung gebracht. Andere Quellen gehen davon aus, daß allein von den 600000 Katastrophenhelfern bereits 50000 gestorben sind. »Es ist empörend, daß die IAEA die Folgen des schwersten nuklearen Unfalls in der Geschichte der Menschheit schönfärbt«, sagte Iwan Blokow vom Greenpeace-Büro in Rußland. Damit würden »Tausende Opfer beleidigt«.

(AP/jW)

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