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Aus: Ausgabe vom 14.07.2022, Seite 11 / Feuilleton
Documenta 15

Nicht willkommen

Die Generaldirektorin der Documenta, Sabine Schormann, hat den Umgang der Weltkunstschau mit den Antisemitismusvorwürfen verteidigt. In einer am Dienstag abend auf der Homepage der Documenta veröffentlichten Erklärung betonte sie die Freiheit der Künstlerischen Leitung und berichtete von deren Sorge, in Deutschland nicht willkommen zu sein. Den Vorwurf, zu lange untätig geblieben zu sein, wies Schormann zurück. Seit Bekanntwerden der ersten Vorwürfe im Januar habe es viele Gespräche gegeben, u. a. mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth und dem Zentralrat der Juden in Deutschland. Schon damals hätten Kuratoren und Künstler »Zensur befürchtet und deswegen ein externes Expert*innengremium abgelehnt«, schreibt Schormann. »Sie sahen sich unter Generalverdacht gestellt und aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer Religion oder auch ihrer sexuellen Orientierung diffamiert und zum Teil auch bedroht. Insofern gab es bereits im Januar eine deutliche Abwehrhaltung gegenüber Eingriffen in die Kunst.«

Ein Banner der Gruppe Taring Padi mit antisemitischen Bildmotiven sei nicht gleich abgebaut worden, weil man zunächst mit den Kuratoren und den Künstlern habe sprechen wollen. Man habe das Bild inzwischen auch strafrechtlich prüfen lassen: Die beauftragten Juristen seien zu dem Schluss gekommen, »dass keine Strafbarkeit gegeben ist«. Dass nach dem Abbau erneut gefordert wurde, externe Experten »mit Entscheidungsbefugnissen« sollten die Ausstellung überprüfen, habe »das Vertrauensverhältnis zu (der Kuratorengruppe, jW) Ruangrupa und den Künstler*innen enorm belastet«, schreibt Schormann. Dass es dem Gremium möglich sein soll, Künstler auszuladen, verstehe man »als (Selbst-)Zensur«. Neuerdings sei durch Vorfälle mit rassistischem und transphobem Hintergrund »der Eindruck entstanden, in Kassel und Deutschland nicht willkommen oder sogar gefährdet zu sein«.

Zuletzt hatte der Leiter der Bildungsstätte »Anne Frank«, Meron Mendel, den Organisatoren vorgeworfen, auf den Skandal nicht ausreichend reagiert zu haben, und seine Mitarbeit als externer Experte aufgekündigt. Schormann widersprach ihm nun: »Diverse Darstellungen« Mendels könnten »nicht nachvollzogen werden«. Man sei immer erreichbar gewesen, die Aufgaben seien klar kommuniziert worden. (dpa/jW)

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