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Aus: Ausgabe vom 27.12.2011, Seite 3 / Schwerpunkt

Protestsplitter: Banker und Ordner

Immer wieder schauen Banker, die die Kritik der »Occupy«-Bewegung teilen, bei ihnen am Fuß des Hochhauses der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main vorbei - auch am Weihnachtsabend. Ein Mitarbeiter (unterhalb der Vorstandsetagen beschäftigt) äußert sich ungehalten über Machenschaften der Banken, die er nicht mehr mittragen wolle. Er hat »Occupy« mit Informationen versorgt, die allerdings kryptisch verpackt sind. Er muß auf strikter Anonymität bestehen und hat doch Angst, erkannt zu werden. So werden Roß und Reiter leider nicht benannt, bleiben die Statements im Rahmen von: Ihn widere das Verzocken von Geld an, welches sich »so manche Bank« beim Kontoinhaber mit wahnhaft überteuerten Überziehungszinsen wieder besorge (bei einem der Geldinstitute in Höhe von 18,9 Prozent). Obendrein sparten Banken im großen Stil an den Beschäftigten. Zeitarbeitsfirmen in Gestalt dreier »großer Finanzdienstleister« hätten die Regie übernommen, einer der bedeutendsten sei für 36 Banken zuständig. Dorthin ausgelagerte Mitarbeiter erhielten miese Arbeitsverträge.

Die »Occupy«-Leute machen es hingegen manchmal zu konkret, so z.B. ein kürzlich für die Nachtwache eingesetzter »Ordner«, der ob der Kälte möglicherweise zu tief ins Glas geschaut hatte. Der bereits wegen anderer Chaosaktionen von manchen Campbewohnern »Hans vom anderen Planeten« (Name von der Redaktion verändert) getaufte Mann hatte Security-Leuten vor der EZB mit einem flotten Spruch angekündigt, diese in die Luft sprengen zu wollen. Das zog ein vertrauliches Gespräch zwischen Edgar Ramelow, dem zuständigen Beamten der Polizei, und dem Anmelder des Camps, Joachim Chiaruttini, nach sich. Dessen Inhalt ist nicht überliefert, nur soviel: Es ging gut aus. »Mit unserem Ordner hatten wir ein kleines Ordnungsproblem«, stöhnt ein Platzbesetzer. »Aber das kriegen wir in den Griff. Wenn alles nicht hilft, redet ihm die Kuschelguerilla ins Gewissen – Frauen können so was gut.« (düp)

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