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Aus: Ausgabe vom 05.11.2011, Seite 3 / Schwerpunkt

Hintergrund: Medienkrieg

Pünktlich zu Beginn des Freitagsgebets in Syrien standen Korrespondenten arabischer und internationaler Satellitensender vor den Kameras in Istanbul, Beirut und an einem kleinen syrisch-jordanischen Grenzübergang vor den Kameras, um zu berichten, ob sich die Führung in Damaskus an die vor wenigen Tagen unterzeichnete Vereinbarung mit der Arabischen Liga hält. Das Freitagsgebet war noch nicht zu Ende, da ging der Al-Dschasira mit seinen Hauptnachrichten auf Sendung. 50 Minuten wurden Telefongespräche und Handyaufnahmen aus Syrien geschaltet, die berichteten, was die Senderverantwortlichen hören wollten.

Syrische Sicherheitskräfte hätten am Freitag »mindestens sieben Demonstranten« getötet, heißt es bei der Nachrichtenagentur dapd unter Berufung auf Menschenrechtsaktivisten. In Homs seien schon am frühen Morgen zwei Menschen getötet worden, so die Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London. Die Kundgebungen in Homs seien groß, so ein anonymer »Aktivist« telefonisch: »Sie rufen zum Sturz des Regimes auf und wollen zeigen, daß die Vereinbarung mit der Arabischen Liga ein Witz ist.« In der gleichen Meldung wird Menschenrechtsanwalt Mustafa Osso zitiert mit den Worten: »Das war heute ein echter Test für die Absichten des Regimes, und die Antwort ist jedem ersichtlich, der sie sehen will.« Kaum jemand fand es der Rede wert, daß die syrische Regierung bewaffneten Regierungsgegnern Straffreiheit zugesagt hat, wenn sie ihre Waffen abgeben. Die Zusage gelte bis zum Samstag kommender Woche, berichtete das Staatsfernsehen am Freitag. Wer seine Waffen in der nächstgelegenen Polizeiwache abgebe, sei »sofort frei« – sofern er keine Verbrechen oder Morde begangen hat.


Im Abkommen von Kairo hat Syrien internationalen Medien Bewegungsfreiheit zugesagt. »Sie werden mit eigenen Augen sehen und hören, was die Menschen ihnen zu sagen haben«, meint ein Syrer gegenüber jW, der entnervt den Sender Al-Dschasira gegen einen Musikkanal getauscht hat. Die Einreisesperre der Regierung für manche Sender kritisiert er ebenso wie deren Berichterstattung. »Aber selbst wenn sie herkommen, folgen sie doch nur ihrem eigenen Plan.« (kl)

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