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Aus: Ausgabe vom 06.04.2010, Seite 3 / Schwerpunkt

Kommentar

Von Kurt Pätzold

Das rechte Wort

Der Bundesminister für Verteidigung der von niemandem militärisch bedrohten Bundesrepublik Deutschland gewann eine Einsicht, die man Erkenntnis noch nicht nennen will. Sie überkam ihn bei der Nachricht, daß im fernen Afghanistan bei einem Gefecht mit einheimischen Bewaffneten drei Soldaten der ihm unterstehenden Truppe umgekommen waren. Von derlei hatte er schon während seiner Zeit als Wirtschaftsminister gehört. Da jedoch war er nicht verpflichtet gewesen, sich von Amts wegen zu äußern. Diesmal war das anders, und er erklärte in ihm hingehaltene Mikrophone, daß man im Hinblick auf das Geschehen »umgangssprachlich« von einem Krieg reden könne.

Was sagt uns das? Zum einen: Der Mann ist aufgrund jüngerer Erfahrungen vorsichtig geworden. Ein sprachliches Vehikel solchen Verhaltens kann der Konjunktiv sein. Man »könne«, d.h. man muß nicht, es ist dies eine Möglichkeit, zu bedenken und auszudrücken, was unsere Tapferen da so veranstalten. Zum anderen: »Man« – das soll doch wohl abheben von jedermann. Und schließlich: umgangssprachlich. Wer will, der kann am häuslichen oder Stammtisch von Krieg am Hindukusch reden, wie’s ihm da blöd, dumm oder dußlig über die Lippen kommt. Aber nicht an Rednerpulten, nicht in Zeitungsspalten und nicht vor Fernsehkameras. Da bleiben wir, bitte, auf dem sicheren Terrain der deutschen Hochsprache, wie vorgegeben vom Minister und dessen Vorgängern. Zur Auswahl stehen: Einsatz, militärischer Einsatz, Kampfeinsatz, besser freilich: Mission, humanitäre Mission, Friedensmission. Und das nicht nur aus Gründen der weiteren Verdummung des deutschen Michels, sondern weil wir uns durch den offiziellen Gebrauch des Wortes Krieg nicht in den Schlingen des Völkerrechts verfangen wollen.

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