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Aus: Ausgabe vom 19.08.2006, Seite 16 / Aktion

Journalistischer Arm im Lügengeschäft

Was junge Welt mit Aufstachelung zu Mord und Brandstiftung zu tun hat
Von Dennis Gabriel
Die taz ist auch nicht mehr das, was sie noch nie war (aus einem
Die taz ist auch nicht mehr das, was sie noch nie war (aus einem Marketingprospekt der Tageszeitung)
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Nicht alle freuen sich über das wachsende Interesse an dieser Zeitung. So dreckelt mal wieder die Berliner tageszeitung gegen die junge Welt. Hintergrund: Der auch in den eigenen Reihen kritisierte Berlin-Pankower CDU-Chef erhielt anonyme Drohbriefe im Zusammenhang mit einem Moscheebau, gegen den er offensiv auftritt. Einem der Drohbriefe, die direkt in seinen Briefkasten, also ohne Briefmarke, geworfen wurden, sind Fotos vom Grab seines mit drei Monaten verstorbenen Kindes und von der Schule seines Sohnes beigelegt. In der Nacht zum Donnerstag vergangener Woche flog ein Brandsatz durch ein Kellerfenster seines Hauses. Das Feuer wurde schnell gelöscht, es entstand geringer Sachschaden, die Polizei nahm Ermittlungen in alle Richtungen auf. Aus der taz erfährt man nun, daß der CDU-Chef die linke Szene beschuldigt, hinter dem Brandanschlag zu stecken. Die Polizei warnte vor voreiligen Schlußfolgerungen. Der Vorgang sei szeneuntypisch, hieß es. Doch in der taz erfährt man dies nicht. Auch nichts davon, daß der CDU-Mann schon einmal von Rechtsradikalen heimgesucht wurde. Dafür aber liest man, wer zu diesem Brandanschlag aufgehetzt hat: In der Unterzeile der Überschrift zitiert die Taz in indirekter Rede: »Zuvor habe ein junge Welt-Artikel die Stimmung gegen ihn angeheizt«. In allen Berliner Zeitungen wird über den Vorfall berichtet, aber nirgends über die ungeheuerlichen Vorwürfe an die Adresse der jungen Welt. Im Beitrag der taz hieß es weiter: »Ein Artikel der linken Tageszeitung Mitte Juli habe die ›persönlichen Anfeindung‹ gegen ihn seitens der linken Szene im Internet verschärft. Der medienpolitische Fraktionssprecher (...) kritisierte die Zeitung wegen ihrer Berichterstattung nach dem Anschlag«. Nach jW-Recherchen geht die Polizei eher davon aus, daß der Täter den CDU-Mann sehr gut gekannt haben muß – was aufgrund der Fotos naheliegend ist. Auch das erfährt man nicht in der taz.

Andeutungen und Unterstellungen in bezug auf die junge Welt werden in der taz eben gerne veröffentlicht. Am 24. Juli widmete sie beispielsweise dem jW-Chefredakteur Arnold Schölzel eine Kolumne auf ihrer Medienseite. Zunächst wird berichtet, daß einige freie Mitarbeiter der jungen Welt sich mit einem offenen Brief gemeldet hätten, in dem sie die Haltung der jW zu Israel und dem Irak kritisiert haben. Dem jW-Autoren Werner Pirker bzw. der ganzen Zeitung wurde eine Linie »der unerträglichen Verniedlichung des Antisemitismus« vorgeworfen. Beigefügt wurden dem Brief zwei Texte von Werner Pirker, mit denen allerdings nur das Gegenteil der aufgestellten Behauptungen belegt werden konnte (siehe jW vom 25.3.2006, Seite 16: »Wachsende Aufmerksamkeit«). Neu in der Kolumne der taz vom 24.Juli war dann die Behauptung, einer der Unterzeichner »konnte plötzlich keine Artikel im Blatt mehr unterbringen«, damit würden Mitarbeiterrechte verletzt. Der Chefredakteur der jungen Welt würde mit internen Kritikern der Blattlinie zu Israel und Iran so zweifelhaft umgehen, »daß die Sache demnächst vor Gericht landen könnte. (...) Schließlich«, so endet die Kolumne, »versteht man sich gern als Interessensvertretung der ArbeiterInnen – zumindest wenn sie nicht in der eigenen Firma beschäftigt sind.«


Ausgerechnet die Interessen dieses freien Mitarbeiters hat die junge Welt aber besonders intensiv vertreten – gegenüber ungeheuerlichen Anschuldigungen der taz. In mehreren Artikel im ersten Halbjahr 2001 beschuldigte die taz ihn unter Überschriften wie »Portrait als Todesurteil«, »Der journalistische Arm der ETA« oder »Das Geschäft des Lügens« indirekt für Mordanschläge auf spanische Journalisten mitverantwortlich zu sein. Vier von diesem jW-Autoren interviewte spanische Journalisten namhafter Medien wurden in einem Beitrag beschuldigt, im Auftrag des Innenministeriums gezielt Lügen über den baskischen Konflikt zu verbreiten. Die Betroffenen würden deswegen »immer häufiger angefeindet«, hieß es in der taz. Weiter war dort zu lesen: »Falls einem von uns was passiert, dann wissen Sie ja, wer verantwortlich ist, wenn andere auf uns anlegen«. Am 15. August verbreitet die taz nun eine ähnliche Schlußfolgerung des Pankower CDU-Mannes. Und in allen drei genannten Fällen ist davon die Rede, daß die Sache vor Gericht landen könnte.

Ende Juli meldete sich der jW-Chefredakteur mit einem kurzen Brief bei der taz zu Wort. Die Unterstellung, der Autor habe nach der Mitunterzeichnung des offenen Briefs »plötzlich keine Artikel mehr im Blatt unterbringen« können, sei mit einer kurzen Recherche im jW-Internet-Archiv widerlegbar gewesen. Denn seit dem offenen Brief hat der Autor mehr als 20 Artikel in der jungen Welt veröffentlicht. Weiter schreibt Schölzel: »Ich bitte Sie höflich, die falsche Behauptung Ihren Lesern gegenüber in geeigneter Weise zu korrigieren. Der Wahrheitsgehalt des übrigen Textes von Peter Nowak befindet sich übrigens ungefähr auf dem Niveau der beiden zitierten Sätze.« Eine Reaktion seitens der taz gab es bis heute nicht.


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