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Aus: Ausgabe vom 13.05.2006, Seite 15 / Feuilleton

Anno ... 20. Woche

1891, 15. Mai: Papst Leo XIII. veröffentlicht die erste päpstliche Sozialenzyklika »Rerum Novarum«. Die Grundlage der »Soziallehre« der katholischen Kirche akzeptiert sozialreformerische Forderungen an das Kapital wie Schutz der Arbeiter vor schrankenloser Ausbeutung und deren Recht auf Vereinigung (im Rahmen einer christlichen Gewerkschaftsbewegung), erklärt andererseits jedoch das Privateigentum für »unantastbar und heilig« und untersagt jede Form von Klassenkampf.

1931, 16. Mai: Auf einer Kundgebung in Oldenburg stellt der KPD-Vorsitzende Ernst Thälmann das »Bauernhilfsprogramm« seiner Partei vor. Es sieht neben der entschädigungslosen Enteignung des Großgrundbesitzes u. a. die Streichung der auf fünf Milliarden Reichsmark geschätzten Schulden der Klein- und Mittelbauern, die Streichung von Pachten, die Senkung von Steuern und die Aufhebung von Zöllen vor.

1946, 17. Mai: In Potsdam-Babelsberg wird mit Lizenz der sowjetischen Besatzungsmacht die erste deutsche Filmgesellschaft nach der Befreiung vom Faschismus gegründet. Die Deutsche Film-AG (DEFA), zunächst als deutsch-sowjetische Aktiengesellschaft entstanden und seit 1952 volkseigen, produziert bereits in ihrem Gründungsjahr drei Spielfilme. Im Oktober 1946 hat als erster deutscher Nachkriegsfilm »Die Mörder sind unter uns« (Buch und Regie: Wolfgang Staudte) Premiere.


1966, 15. Mai: Mit einem Rundschreiben des Zentralkomitees der KP Chinas wird die »große proletarische Kulturrevolution« ausgelöst. Mit ihr will Parteichef Mao Tse-tung (1893–1976) im Gegensatz zu pragmatischen Kräften in der Staats- und Parteiführung durch die »Mobilisierung revolutionären Bewußtseins« insbesondere in der Jugend angeblich Reste der Bourgeoisie und des Feudalismus in Partei, Regierung und Staat ausmerzen. Der Aktionismus der eigens dazu gebildeten »Roten Brigaden« – Kampfverbände aus Schülern und Studenten – führt zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen, die bis 1969 über
30000 Todesopfer fordern.

1976, 18. Mai: Im zwei Monate zuvor eingeweihten Palast der Republik in der DDR-Hauptstadt wird der IX. Parteitag der SED eröffnet. Bis zum 22. Mai beraten die Delegierten über Verbesserungen der Arbeits- und Lebensbedingungen. Orientiert wird u. a. auf die Verlängerung des Erholungsurlaubs wie des bezahlten Schwangerschaftsurlaubs (von 18 auf 26 Wochen) sowie auf eine Anhebung der Mindestlöhne und den schrittweisen Übergang zur 40-Stunden-Woche. Verabschiedet werden zudem ein neues Parteiprogramm sowie ein neues Statut. Das Programm orientiert im Unterschied zu den beiden Vorgängern von 1946 und 1963 nicht mehr auf die – inzwischen gegenstandslos gewordene – nationale Einheit Deutschlands, sondern auf die entwickelte sozialistische Gesellschaft und die sozialistische deutsche Nation in der DDR.