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Aus: Ausgabe vom 03.11.2023, Seite 11 / Feuilleton
Tiere

Aus der Urzeit

Sie sind als Gimmicks aus den Yps-Kinderheften der 70er Jahre und aus Experimentierkästen bekannt: Millionen Jahre alte Urzeitkrebse. Doch in der Natur sind die Tierchen aus der Zeit der Dinosaurier selten. In der Döberitzer Heide im Havelland südwestlich von Berlin kommen sie vor – in Tümpeln und Pfützen auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz. Der Einsatz eines zivilen Panzers soll jetzt helfen, zwei stark gefährdete Urzeitkrebsarten dort zu schützen.

Das schwere Fahrzeug rollt am 2. November (nach Redaktionsschluss) auf dem früheren Truppenübungsplatz mehrere Male hintereinander über frühere Trassen, auf denen sich die Biotope für die Tiere entwickeln konnten. Der Boden wird durch die Panzerfahrten wieder so verdichtet, dass sich Wasser in Kuhlen sammeln kann und sich im Frühjahr die für die Urzeitkrebse überlebensnotwendigen Pfützen bilden, wie die Heinz-Sielmann-Stiftung als Eigentümerin des ehemaligen Truppenübungsplatzes schilderte.

Die Panzerfahrrinnen beherbergen laut Stiftung die beiden Urzeitkrebsarten Triops cancriformis und Branchipus schaefferi. Sie seien dort Ende der 80er Jahre entdeckt worden, sagte der Experte bei der Heinz-Sielmann-Stiftung, Jörg Fürstenow. Ein Triops cancriformis könne eine Größe von mehr als zehn Zentimetern erreichen, die andere Art werde um die vier bis fünf Zentimeter groß. An den Trassen entlang von Wanderwegen hätten auch Spaziergänger in der Döberitzer Heide gute Chance, im Sommer solche Urzeitkrebse zu sehen, sagte Fürstenow.

Der ehemalige Truppenübungsplatz in der Döberitzer Heide hat eine lange militärische Geschichte. Nach der »Wende« wurde das große Gelände ein Naturschutzgebiet. »Brände, Explosionen und Kettenfahrzeuge hinterließen große Offenlandschaften, die ökologisch sehr wertvoll sind«, so die Heinz-Sielmann-Stiftung, die das Areal 2004 erwarb. Dort leben – neben den Urzeitkrebsen – viele geschützte Tierarten, unter anderem Seeadler, Rotbauchunken, Wildbienen und Wiedehopfe. Auch Wisente, Przewalskipferde und Rothirsche sind dort wieder angesiedelt worden. (dpa/jW)

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