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Aus: Ausgabe vom 09.04.2014, Seite 3 / Schwerpunkt

Presseschau: »Wer Wind sät, wird Sturm ernten«

Zur Lage im russischsprachigen Osten der Ukraine schrieb die Moskauer Boulevardzeitung Moskowski Komsomolez am Dienstag:


Wer Wind sät, wird Sturm ernten – das Land des siegreichen Maidan muß mit Schrecken die Wahrheit dieses universalen politischen Gesetzes anerkennen. Bis zum Triumph der »Straßendemokratie« in Kiew haben »wütende Bürger« aus dem Westen das Land zerrissen. Nun folgen die Ostukrainer diesem Beispiel. Besetzungen und Gegenbesetzungen regionaler Verwaltungen und von Geheimdienstgebäuden, Barrikaden, Zusammenstöße wütender Aktivisten mit Beamten – hinter diesen dürren Zeilen verstecken sich (…) die schmerzhaften Zuckungen der Ukraine. Der Euromaidan hat die Büchse der Pandora geöffnet.

In Deutschland machte das Boulevardblatt Bild mobil:


Es ist erschreckend, wie sich die Bilder gleichen: Genau wie im Februar auf der Krim belagern pro-russische Demonstranten jetzt in der Ost-Ukraine Regierungsgebäude, wollen über den Anschluß an Rußland abstimmen! Damals wie heute äußern westliche Politiker vor allem ihre Besorgnis, drohen mit Sanktionen. Doch läßt sich ein Machthaber wie Wladimir Putin davon wirklich beeindrucken? Offenbar nein! Deshalb muß der Westen über einen Strategiewechsel nachdenken. Es hilft nicht, wenn westliche Politiker von vornherein militärische Unterstützung für die Ukraine ausschließen. Schon gar nicht, wenn sie sich in einem Militärbündnis wie der NATO zusammengeschlossen haben. Putin ist ein Militär-Stratege. Wer ihm seine Grenzen aufzeigen will, muß seine Sprache sprechen – auch wenn es nur der Abschreckung dient.

Die Rheinpfalz in Ludwigshafen kommentierte dagegen gestern:


Die neuen Machthaber können es nicht lassen, die Anhänger der prorussischen Partei von Ex-Staatschef Janukowitsch vor den Kopf zu stoßen. Kiew versucht zwar, gegen Demos nicht mit Gewalt vorzugehen, was gut ist. Aber man muß auch jene Partei einbinden, die 2010 immerhin die Präsidentschaftswahl und 2012 die Parlamentswahl gewann. Ihr Präsidentschaftskandidat Dobkin, Ex-OB von Charkiw, soll lebenslang Politikverbot bekommen und bleibt zu Hausarrest verurteilt. Derweil darf der Kandidat des »Rechten Sektors«, Jarosch, genauso wie Swoboda-Chef Tjagnibok frei Wahlkampf machen. Dies sind kleine Parteien, aber sie sind Teil der Kiewer Regierung, so daß Moskaus Faschismus-Vorwürfe übertrieben sein mögen, aber auch eben nicht aus der Luft gegriffen sind. Man stelle sich vor, in Berlin wäre die NPD Koalitionspartner.

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