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Aus: Ausgabe vom 04.11.2010, Seite 3 / Schwerpunkt

Hintergrund: Tea-Party-Tsunami

»Es erinnert mich an die 30er Jahre in einem anderen Land«, sagte Fernsehmoderator Chris Matthews, als die Bilder einer Versammlung Rand Pauls eintrafen, bei der die Anhänger des prominenten Tea-Party-Kandidaten eine Gegendemonstrantin der linken Organisation Moveon.org brutal attackierten. Doch der Übergriff, nur einer von zahlreichen im Wahlkampf, schadete Paul nicht. Bei der Kongreßwahl am Dienstag war Paul der erste Kandidat der rechtskonservativen Bewegung, der nach den Prognosen der Sender CNN und MSNBC einen Sitz im Senat sicher hatte. Der 47jährige Augenarzt aus Kentucky hatte zuvor wegen seiner Ablehnung eines Teils der Bürgerrechtsgesetzgebung Schlagzeilen gemacht, der privaten Unternehmen die rassistische Diskriminierung untersagt. Die Kritik Obamas an BP anläßlich der Ölpest im Golf von Mexiko nannte Paul »unamerikanisch«. Es waren keine Ausrutscher.

Gefördert von Milliardären wie den Koch-Brüdern (Koch Industries), propagiert von Rupert Murdochs Fox News und Wall Street Journal und organisiert unter dem Dach von Astroturf-Organisationen wie FreedomWorks entwickelte sich die ultrarechte Bewegung zu einem im US-Alltag präsenten Phänomen. Politiker wie die ehemalige Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin und die – erneut gewählte – Repräsentantenhausabgeordnete Michele Bachmann aus Minnesota machten sich zu inoffiziellen Sprechern der Bewegung. Ein relativ unbekannter Kandidat wie Marco Rubio aus Florida schaffte mit ihrer Unterstützung den Sprung in den Senat. Insgesamt mehr als ein Dutzend Sitze haben Tea-Party-Kandidaten im Repräsentantenhaus den Demokraten abgenommen, drei im Senat.


Andere zu radikale Kandidaten wurden bei der Kongreßwahl aussortiert. So erging es Sharron Angle in Nevada oder Christine O’Donnell (Delaware). Sie verlor wie erwartet gegen ihren Gegner, den demokratischen Underdog Chris Coons. Vor der Wahl mußte sie eigene Kommentare über Hexerei und Mäuse mit menschlichen Gehirnen dementieren und wurde selbst von führenden republikanischen Strategen wie Karl Rove als unwählbar fallengelassen. (ps)

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