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Aus: Ausgabe vom 14.05.2010, Seite 3 / Schwerpunkt

Gegenwehr: Die Linke lehnt Verdrängung ab

Die Fraktion der Partei Die Linke im Römer in Frankfurt am Main will nicht hinnehmen, daß Geringverdiener zunehmend an den Stadtrand verdrängt werden. Erst recht nicht, daß der stadtnahe Wohnraum für die Betuchten hergerichtet werden soll. Dahin gehe die Entwicklung, warnt der Fraktionsvorsitzende Lothar Reininger. Deshalb habe man einen Antrag zum Thema eingereicht: Jetzt endlich sollen Bürger der vom Abriß bedrohten Siedlung »Im Mainfeld« im Planungsausschuß am 17. Mai ihre Meinung dazu äußern können. Die Siedlung mit etwa 800 Sozialwohnungen soll abgerissen bzw. saniert, die Bewohner auf Wohnungen in der ganzen Stadt verteilt werden. Zu befürchten sei, so die Linke, daß die fast zu 100 Prozent im Besitz der Stadt befindliche ABG-Holding den Bewohnern anschließend eine Rückkehr in die sanierten Wohnungen nicht mehr gewährleistet. Die Stadtverordnetenversammlung soll daher beschließen, auf einen Abriß zu verzichten, wenn dies die Mehrheit der betroffenen Mieter ablehnt. Weiterhin soll die Mieterinitiative der Siedlung mit Stimmrecht in die Jury aufgenommen werden, wie ursprünglich vom Stadtplanungsamt vorgesehen. Personen, die aufgrund von eigenen Grundstücken dort persönliche Interessen verfolgten, müßten aus beratender und beschließender Funktion ausgeschlossen werden. Die Rede ist dabei von der FDP-Stadtverordneten Elke Tafel, deren Grundstück unmittelbar ans Gelände der Siedlung angrenzt.

Die ABG und deren Geschäftsführer Frank Junker seien bereits in der Vergangenheit in die Kritik geraten, so Reininger. Die Holding habe unter dem Vorwand, »eine bessere Durchmischung« zu erreichen, bereits vor Jahren stadtnahe Sozialwohnungen abgerissen, um den neuen Wohnraum an Besserverdienende zu vergeben. Davon seien damals rund 160 Bewohner der Siedlung Voltastraße in der Nähe des Messegebäudes betroffen gewesen. Verschiedene Leute bastelten derzeit an ähnlichen Konzepten, konstatiert der Fraktionsvorsitzende: Arbeitersiedlungen platt machen, um statt dessen Profite einzufahren. Beispielsweise habe der Makler Rainer Ballwanz geäußert: Es sei Verschwendung von gutem Wohnraum, wenn Leute, die kaum Miete zahlen könnten, stadtnah im Gallusviertel wohnten. Die Siedlung »Im Mainfeld« solle nun ein Versuchsballon sein, ob es klappt, solche Konzepte umzusetzen. Ähnliche Entwicklungen seien auch in anderen Städten zu beobachten, darunter München, Hamburg, Tübingen, Freiburg, Münster und Wiesbaden.


(düp)

Leserbriefe zu diesem Artikel:

  • Stefan Tabert: Verdrängung leider auch in Berlin ...und das leider mit der "Linken" in vorderster Front im Kampf um die Interessen des Kapitals. Privatisierung der Wohnungsbaugesellschaft GSW, Einführung der "Kostenmiete" bei Sozialwohnungen, dadur...

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