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Aus: Ausgabe vom 10.09.2008, Seite 12 / Feuilleton

Tagtraum

Teufel auch, das wird ein Leben, / Wenn ich erst gestorben bin.« Mit diesen frohgemuten Zeilen beendet der Dichter Peter Hacks sein Gedicht »Am Ziel«. Schon in den ersten beiden Zeilen sah er die Zeit nach seinem Tod für eine rosige an: »Voll mit Orden hängt und Wappen / Mein Porträt an jeder Wand.« Ganz so ist es noch nicht gekommen, doch die liturgisch-katholische Gebetsmutti Martin Mose­bach und der berufsintrigante Giftlappen Frank Schirrmacher legen sich reichlich für das Ziel ins Zeug, aus Peter Hacks einen ihnen kompatibel Irrsinnigen zu machen: »Er ist unser!«, brüllte Schirrmacher zum 80. Geburtstag von Hacks – der zu Lebzeiten jede Zusammenarbeit mit der von ihm wörtlich als »Killerblatt« beschriebenen FAZ kategorisch ablehnte. Doch aus einem freiwillig in die DDR übersiedelten und auch ausschließlich dort möglich gewordenen kommunistischen Klassiker muß posthum eben ein Deutschnationalschriftsteller gefrankensteint werden. Wobei eine Mainzer Hacks-Herrenwitwe namens André im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Adlatussi macht. Man kann Hacks in seinen eigenen Worten sprechen lassen: »Ich möchte gern ein Holperstein / In einer Pflasterstraße sein. // Ich stell mir vor, ich läge dort / Jahrhunderte am selben Ort, / Und einer von den Kunsteunuchen / Aus Medien und Kritik / Käm beispielsweise Hacks besuchen / Und bräch sich das Genick.« (jW)

Wiglaf Droste & Das Spardosenterzett mit Lars Kuklinski (Trompete): Hacks und Eigenes, heute, Essen, Maschinenhalle Altenessen, 19.30 Uhr; 11.9. Halle, Objekt 5, 21 Uhr; 12.9. Dresden, Theaterkahn, 20 Uhr

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