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Aus: Ausgabe vom 08.11.2007, Seite 13 / Feuilleton

Helmut Fleischer zum 80.

Heute wird der Philosoph Helmut Fleischer 80. Seitdem er mit 17 Jahren in den letzten Kriegstagen an die sogenannte Ostfront gerufen wurde, in sowjetische Kriegsgefangenschaft geriet und dort in einer Antifa-Schule unterrichtet wurde, hat ihn das Thema Karl Marx und die Folgen nie mehr losgelassen. Egal, welches Seminar man von ihm an der TH Darmstadt, wo er Philosophie lehrte, auch besuchte, immer wieder kam er auf den »Fall Marx« zu sprechen, die entsprechenden MEW-Stellen konnte er auswendig hersagen.

Nachdem er 1969 in dem berühmten Suhrkampband »Marxismus und Geschichte« den westlichen Marxismus starkgemacht hatte und in den Siebzigern in die trotzkistische Bewegung involviert gewesen war, wandte sich Fleischer zunehmend theoretischen Fragen der Marx-Rezeption und damit auch den »Grenzen der Wirksamkeit des Proletariats« zu. Er konzentrierte sich auf eine von ihm entwickelte »Historik« und fahndete nach Gesetzmäßigkeiten in der Geschichte des 20. Jahrhunderts, was ihn in bestimmten Fragen in die Nähe des reaktionären Historikers Ernst Nolte rücken ließ. Als dieser 80 wurde, besorgte ihm Fleischer die Festschrift. Vielleicht, weil man sich mit dem prima vor den Kommunisten gruseln kann.


(jW)

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