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Aus: Ausgabe vom 28.06.2007, Seite 3 / Schwerpunkt

Chronik: G-8-Proteste und Repression

* Samstag, 2. Juni: An der Großdemonstration in Rostock nehmen rund 80000 Menschen aus einem breiten globalisierungskritischen Spektrum teil. Am Rostocker Stadthafen, dem Ort der Abschlußkundgebung, kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Steine fliegen, Polizisten stürmen auf den Kundgebungsplatz und halten mit einem Wasserwerfer in die Menge. Spiegel Online: »Autonome verwüsten Rostock«. Die Presseagentur dpa behauptet, der Kundgebungsredner Walden Bello habe zum »Krieg« aufgerufen, und dichtet ihm den frei erfundenen Satz an: »Mit friedlichen Mitteln erreichen wir nichts.« Andere Medien übernehmen das falsche Zitat.
  • Sonntag, 3. Juni: Die Polizeisondereinheit »Kavala« behauptet, Mitglieder der »Clowns Army« hätten mit ihren Wasserpistolen Säure auf Polizisten gespritzt (es handelte sich um Pustefix), und 430 Polizeibeamte seien verletzt, einige schwer.
  • Montag, 4. Juni: Aufmacher der Bild-Zeitung: »Wollt ihr Tote, ihr Chaoten?« Aufmacher der taz: »Nie wieder Rostock!« Am Nachmittag wird bekannt, daß die angegebenen Verletztenzahlen »völlig aus der Luft gegriffen« (so Focus online) waren; ein einziger Polizist wird stationär behandelt, ohne aber ernstlich in Gefahr zu sein. Die Demonstration anläßlich des Aktionstags Migration wird von der Polizei effektiv unterbunden.
  • Dienstag, 5. Juni: dpa widerruft das falsche Bello-Zitat. Ein 31jähriger Demonstrant wird per Schnellverfahren zu zehn Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Ihm wird vage vorgeworfen, mit Flaschen auf Polizisten geworfen zu haben; seine Anwältin erfährt nicht einmal, wann und wo das geschehen sein soll.
  • Mittwoch, 6. Juni: Das Bundesverfassungsgericht bestätigt das Verbot des geplanten Sternmarschs auf Heiligendamm: Die Demonstrationen vom 2. und 4. Juni hätten eine hohe Gewaltbereitschaft der Demonstranten gezeigt. Weitere Verurteilungen zu Haftstrafen in Schnellverfahren. Beginn der Blockaden rund um Heiligendamm.
  • Donnerstag, 7. Juni: Das Nachrichtenportal MVregio veröffentlicht die »Kavala«-Behauptung, Demonstranten seien mit Kartoffeln bewaffnet, in denen Nägel steckten. Immer wieder werden Blockaden gewaltsam, mit Wasserwerfern, Knüppeln und Pfefferspray, aufgelöst.
  • Freitag, 8. Juni: Polizisten stören die Abschlußkundgebung der G-8-Proteste am Rostocker Stadthafen, indem sie die Menge durchstreifen und Kundgebungsteilnehmer verhaften. Dennoch bleibt es friedlich. (sw)

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