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Aus: Ausgabe vom 05.08.2006, Seite 3 / Schwerpunkt

Privatisierung des Wohnungsbestandes

Ein lukratives Geschäft
1990 gab es in Berlin noch 482000 Wohnungen in öffentlichem Besitz, die von 20 gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaften verwaltet wurden. Ende 2005 verwalteten nur noch sechs Gesellschaften einen Bestand von 273000 Wohnungen.

Das tempo der Veräußerungen hat dabei kontinuierlich zugenommen. Wurden von 1990 bis 1995 nur 14000 Wohneinheiten vom Land verkauft, waren es in den folgenden drei Jahren bereits 30000. Zwischen 1999 und 2001 wurden 45000 Wohnungen privatisiert. Der eigentliche »Durchbruch« erfolgte schließlich nach der Bildung des SPD/PDS-Senats, der seit seinem Amtsantritt im Februar 2002 über 120000 Wohnungen der öffentlichen Bewirtschaftung entzog.

Nur wenige Wohnungen (11000) gingen an kleine privatrechtliche Genossenschaften. Der Senat setzte statt dessen auf »Paketlösungen«. Der Löwenanteil der Wohnungen wurde an Investmentfonds und Zwischenerwerber verkauft, die erklärtermaßen kein Interesse an einer langfristigen Bewirtschaft der Immobilien haben, sondern auf kurzfristige Rendite orientiert sind.


Das läßt sich am Beispiel der 2004 vom Senat privatisierten Gemeinnützigen Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft (GSW) demonstrieren. Der private Investor Cerberus erwarb im Mai den kompletten Bestand von knapp 66000 Wohnungen für 405 Millionen Euro. Im Oktober 2004 kaufte die Vivacon AG 1500 Wohnungen von Cerberus für einen Quadratmeterpreis von 486 Euro. Allein mit dem Erlös aus dieser Transaktion konnte Cerberus über zehn Prozent des Gesamtkaufpreises refinanzieren, obwohl bis dahin nur 2,4 Prozent des Bestandes verkauft worden waren. Zwei Monate später gingen diese Wohnungen für 680 Euro an die österreichische Conwert-Gruppe, die laut Prospekt ihres Wohnungsfonds die Objekte nach Umwandlung in Eigentumswohnungen für 977 Euro pro Quadratmeter veräußern will.

(balc)

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