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Aus: Ausgabe vom 22.03.2007, Seite 3 / Schwerpunkt

Muñoz-Bericht. Kritikpunkte und Forderungen

Die Hauptkritik des UN-Berichtserstatters richtet sich gegen das »mehrgliedrige Schulsystem, das sehr selektiv und sicher auch diskriminierend ist«. Muñoz fordert »eindringlich« dazu auf, dieses noch einmal zu überdenken. Insbesondere bei der Verteilung auf unterschiedliche Schultypen nach der vierten Klasse würden die Schüler »nicht angemessen beurteilt«. Die Entscheidung über den schulischen Werdegang der Kinder werde von Lehrern getroffen, »die für die Durchführung solcher Beurteilungen nicht immer ausreichend geschult sind«. Weil insbesondere Sprachkenntnisse bewertet würden, ergebe sich eine »doppelte Benachteiligung« für Schüler ausländischer Herkunft. Zudem seien die Kriterien für die Aufteilung nach Schularten weder klar, noch einheitlich. Leidtragende der frühen Auslese seien vor allem Kinder aus sozial schwachem Milieu. Notwendig sei deshalb die Einleitung von Initiativen, »um soziale Ungleichheiten zu überwinden und gleiche und gerechte Bildungschancen für jedes Kind sicherzustellen«.

Allgemein beklagt Muñoz eine systematische Benachteiligung von Kindern aus Zuwandererfamilien. So müßten beispielsweise Tausende Kinder türkischer Gastarbeiter »Jahrzehnte nach Ankunft dieser Menschen besser in das Bildungssystem und die Gesellschaft integriert werden«. Auch Flüchtlingskinder, die bislang nicht in allen Bundesländern von der Schulpflicht erfaßt werden, hätten ein Recht auf Schulbesuch. In diesem Zusammenhang verlangt Muñoz eine »systematische Sprachausbildung« von Migranten.

Lehrerbildung und Ganztagsunterricht müßten zu bildungspolitischen »Prioritätenbereichen« erklärt werden, um eine Stärkung der »demokratischen Schulkultur« herbeizuführen. Insbesondere müßte der pädagogischen Ausbildung größere Bedeutung zukommen. Einer besonderen Förderung bedürften zudem behinderte Kinder, für die man die allgemeinbildenden Schulen viel stärker öffnen müsse.

(rwu)

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