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Aus: Ausgabe vom 11.03.2024, Seite 10 / Feuilleton
Bildersturm

Der Schnitt

Neben dem Boykott und dem Canceln scheint das symbolische Beschmieren und Zerstören von Kunstwerken zur beliebtesten Protestform der Gegenwart zu werden. Am Wochenende machten einmal keine Klimaschützer, die zuviel Klebstoff geschnüffelt haben, mit einem Bildersturm Negativschlagzeilen, sondern propalästinensische Aktivisten. Die britische Gruppe »Palestine Action« veröffentlichte ein Video, auf dem zu sehen ist, wie ein im Trinity College der Stadt Cambridge hängendes Bild des Politikers Arthur James Balfour erst mit roter Farbe besprüht und dann teilweise zerschnitten wird. Die dortige Polizei bestätigte den Vorfall, man habe Ermittlungen aufgenommen. Während des Ersten Weltkriegs hatte der britische Außenminister Balfour (1848–1930) in einem Schreiben an die Zionistische Weltorganisation das Vorhaben einer nationalen Heimstätte für Juden in Palästina unterstützt. Die Erklärung gilt als Meilenstein auf dem Weg zur Staatsgründung, mit der später auch Vertreibung und Flucht Hunderttausender Palästinenser (»Nakba«) und sephardischer Juden einherging. Eine Erklärung, wie dieser Akt gezielten Vandalismus, der sich offenbar in der Tradition des symbolischen Sturzes von Statuen ehemaliger Sklavenhalter versteht, der palästinensischen Sache dienlich sein soll, blieb die Aktivistengruppe schuldig. (pm)

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