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Aus: Ausgabe vom 20.10.2020, Seite 3 / Schwerpunkt
Umweltschäden in der Nordsee

Die Sache mit dem Schlick

Das Problem ist so alt wie der Wachstumsdrang der Schiffahrt – immer größere Frachter benötigen immer mehr Tiefgang, folglich müssen Hafenzufahrten erweitert und Flüsse vertieft werden. Jeder Schaufelhub eines Baggers bringt Schlick an Bord, der irgendwo deponiert werden muss. Es ist egal, ob zur weiteren Vertiefung gebaggert wird oder nur zum Unterhalt – jeder Flutstrom bringt neuen Schlick aus dem Meer, jede andere Bewegung des Wassers befördert Schlickmassen hin und her, verändert bestehende Tiefen. Also muss kontinuierlich gebaggert und Schlick »entsorgt« werden.

Beispiel Elbe: Über die mehr als ein Jahrzehnt umstrittene neunte Vertiefung des Flusses zwischen Hamburg und Nordsee ist mehrfach berichtet worden (siehe jW vom 5. Juni) – aber nun gibt es gravierende Probleme. Wie vor wenigen Wochen bekannt wurde, warnt selbst Hamburgs Hafenverwaltung inzwischen, ohne Lösung des Schlickproblems gebe es möglicherweise im kommenden Jahr keine Verkehrsfreigabe für die ausgebaggerte Fahrrinne.

Es geht um riesige Mengen: 1965 fielen allein im Hamburger Bereich (ohne die Strecke von der Landesgrenze bis zur Nordsee) schätzungsweise 1,3 Millionen Kubikmeter an. 2019 aber waren es geschätzt 11,25 Millionen Kubikmeter – nur für Unterhaltsbaggerungen. Als eine mögliche Ursache gelten übrigens regenarme Jahre durch den Klimawandel, was das Ausspülen von Schlick durch den Ebbstrom bremst.

Bisher landet Baggerschlick meist in der Nordsee – es sei denn, er ist schadstoffbelastet, dann darf er nicht verklappt, sondern muss deponiert werden. Die Verklappung findet derzeit teilweise südlich von Helgoland statt, das ist aber nur noch in begrenztem Umfang zulässig. Andere Mengen werden aus einem Teil der Elbe geholt und in einem anderen verklappt. Beide Methoden sind jedoch kontraproduktiv, weil Gezeiten diese Schlickmassen irgendwann doch wieder elbaufwärts spülen. (bi)

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