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Aus: Ausgabe vom 02.06.2018, Seite 3 / Schwerpunkt

Hintergrund: Realität vs. Fiktion

Am Dienstag hatte der ukrainische Geheimdienst SBU einen brutalen Mord an dem »kremlkritischen« Journalisten Arkadi Babtschenko vorgetäuscht, woraufhin die Regierung in Kiew sofort Moskau beschuldigte. Bevor Babtschenko am Mittwoch unverletzt auf einer Pressekonferenz auftrat, schwappte eine Welle der Entrüstung durch westliche Medien, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) verlangte umgehend Aufklärung.

Der zynischen Inszenierung stehen zwei unaufgeklärte reale Journalistenmorde in der Ukraine gegenüber: Weit weniger in der westlichen Presse skandalisiert wurde seinerzeit der Mord an dem Publizisten und Oppositionellen Oles Busina, der am 16. April 2015 am hellichten Tage in Kiew vor seiner Haustür von Ultranationalisten erschossen worden war. Busina hatte zuvor auf einer Liste der sogenannten Feinde der Nation gestanden, die im Internet einsehbar ist. Später bekannte sich die »Ukrainische Aufständische Armee« (UPA) zu dem Mord und kündigte an, weitere »antiukrainische« Personen zu töten.

Nicht aufgeklärt ist auch der Mord an dem Journalisten Pawel Scheremet, der am 20. Juli 2016 in der Hauptstadt Kiew durch eine Autobombe starb. Der liberale weißrussische Publizist schrieb in der Ukraine unter anderem für russische Zeitungen. Er kritisierte in seinen Texten sowohl die weißrussische und russische als auch die ukrainische Administration. Zu seinen Themen gehörten mafiöse Strukturen in der ukrainischen Staatsanwaltschaft, Demokratieprobleme innerhalb der ukrainischen Regierung und Korruption sowie zuletzt die kriminellen Aktivitäten von Kämpfern des faschistischen Asow-Batallions.

Eine Konferenz mit internationalen Gästen zur Lage der Menschenrechte und Medienfreiheit in der Ukraine richtet am Montag, den 11. Juni 2018 die Bundestagsfraktion Die Linke in Berlin aus.(fzl)

kurzlink.de/UkraineKonferenz

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