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Aus: Ausgabe vom 10.04.2012, Seite 15 / Betrieb & Gewerkschaft

Lesetips

In Kette befristet

Elf Jahre lang war eine 33jährige als Justizangestellte im öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen tätig – mit insgesamt 13 direkt aufeinanderfolgenden, befristeten Arbeitsverträgen. In einem Urteil vom Januar dieses Jahres (C-586/10), über das die März-Ausgabe der Fachzeitschrift Gute Arbeit berichtet, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) diese Praxis für europarechtskonform erklärt. Grundsätzlich sind sogenannte Kettenbefristungen demnach mit europäischem Recht vereinbar, falls dafür angemessene »Sachgründe« vorliegen.

Verschiedene Gewerkschaftsjuristen äußerten ihr Bedauern über die Entscheidung. Zu Recht – ist doch aktuell bereits jeder zweite neue Arbeitsvertrag befristet. Insbesondere für jüngere Beschäftigte wird Befristung also zum Normalzustand. Linke und Gewerkschafter fordern daher gesetzliche Maßnahmen. So übergaben Betriebsräte und ver.di-Aktivisten im Februar den Aufruf »Befristete Arbeitsverhältnisse sind unsozial« mit mehreren Tausend Unterschriften an den Bundestagsausschuß für Arbeit und Soziales. Petra Gerstenkorn vom ver.di-Bundesvorstand forderte: »Die Bundesregierung muß die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schaffen, daß unbefristete Arbeitsverhältnisse wieder zum Regelfall werden.« Konkret müßten die Sachgründe des Teilzeit- und Befristungsgesetzes eingeschränkt und die sogenannte sachgrundlose Befristung ganz abgeschafft werden. Das EuGH-Urteil macht diese Forderungen umso dringlicher. (jW)

Gute Arbeit. Gesundheitsschutz und Arbeitsgestaltung, 3/2012, 40 Seiten.

www.gutearbeitonline.de

Mit Arbeitszeit unzufrieden

Die vereinbarte und die gewünschte Arbeitszeit klaffen bei vielen Beschäftigten auseinander. Das stellen Elke Holst vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und Hartmut Seifert vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in einem Beitrag für die WSI-Mitteilungen fest. Demnach wünschen in Vollzeit beschäftigte Männer und Frauen eher kürzere, in Teilzeit arbeitende Frauen eher längere Arbeitszeiten. Beides kann nicht überraschen. Denn während Vollzeitarbeitenden oftmals kaum Raum fürs Privatleben bleibt, wird vielen Frauen – zum Beispiel im Einzelhandel – eine volle Stelle verwehrt, so daß ihr Gehalt nicht zum Leben reicht. Die Gewerkschaften sollten daher den Kampf für Arbeitszeitverkürzung ebenso wie gegen erzwungene Teilzeitarbeit verstärken. (jW)

WSI-Mitteilungen, 1/2012, 78 Seiten, Jahresabo: 88,20 Euro. www.wsi-mitteilungen.de

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