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Aus: Ausgabe vom 26.03.2011, Seite 14 / Leserbriefe

»Unsere demokratische Regierung ist da schon klarer: Wie beteiligen uns nicht am Morden, jedenfalls nicht dort und wenn, dann nur ein bißchen.«

Links vom Krieg

Zu jW vom 24. März: »Es geht um Libyens Öl«

Mich wundert die Einschätzung, die französische Linkspartei sei gegen den Krieg. Jean-Luc Mélenchon verteidigt den Kriegseinsatz sehr offensiv. In einem vielgelesenen Interview in Libération sagte er z.B. am Montag: »Wenn die Linksfront unser Land regieren würde, hätte sie tatenlos zugesehen, wie die libysche Revolution zerschlagen wird, so wie unsere Vorgänger zugesehen haben, wie die spanischen Revolutionäre sterben? Nein.« Er spielt damit eine ähnlich üble Rolle wie der Grüne Daniel Cohn-Bendit, der ein linkskritisches Milieu bindet und versucht, es für Kriegseinsätze zu begeistern. Mélenchon ist in seiner Linkspartei nicht der einzige Kriegsbefürworter. Die Partei hatte letzte Woche eine Mitteilung veröffentlicht, in der sie den Einsatz gutheißt und Illusionen über die UNO schürt. Die NPA, eine weitere linke Partei in Frankreich, ist zwar gegen den Einsatz, schlägt aber Waffenlieferungen an die Aufständischen vor. Sie mobilisiert kaum zu Antikriegsaktionen. In Frankreich gibt es (abgesehen von ein paar leisen, aber in dieser Frage konsequenten Kommunisten) kaum nennenswerte Stimmen gegen den Krieg. In Dänemark ist es übrigens ähnlich. Dort hat die Linkspartei (Red-Green Alliance) extra einen Parteitag einberufen, in dem sie sich für den Libyen-Krieg aussprach. Um so wichtiger ist es, daß die deutsche Linkspartei hier eindeutig gegen den Einsatz ist. Lothar Bisky vertritt hier eine Einzelmeinung.

Carsten Albrecht, Berlin

Lediglich gute Gründe

Zu jW vom 24. März: »Ghaddafis Freunde«

Für Winfried Wolf gibt es, wie er zurückhaltend formuliert, lediglich »gute Gründe«, die Aggression gegen Libyen abzulehnen. Er selbst aber bedauert kaum verhohlen, daß Deutschland die Aggression bislang »nur« politisch (in Form einer Kriegshetze ohnegleichen) vorangetrieben hat – und nicht auch direkt mit Geld für die König-Idris-Krieger und ägyptische Militäraktionen zu deren Gunsten! An den Aggressoren stört Wolf im Grunde nur, daß sie in der Vergangenheit gegenüber ihrem Opfer nicht konsequent waren, ihm mitunter sogar Waffen und Militärtechnik verkauften und es womöglich nun zu einer minimalen Gegenwehr befähigt haben. Um so mehr ist deshalb die Dämonisierung des Opfers angesagt. Eine »Giftgas«-Story kommt da immer zupaß - und sei es eine 23 Jahre alte, wie die von Wolf jetzt wieder aufgetischte. (...)

Hajo Kahlke, Heidelberg

Andere Motive

Zu jW vom 22. März: »Kaum willige Helfer«

Wenn sogar der zur NATO-Ratstagung nicht eingeladene türkische Ministerpräsident erklärt, daß er militärische Einsätze gegen Libyen ablehnt, weil sie weniger der Sicherheit der muslimischen Bevölkerung dienen, sondern eher dem Zugriff auf die libyschen Erdölfelder, kann man davon ausgehen, daß er weiß, wovon er spricht. Dem Wirrwarr in der NATO-Führung entspricht das chaotische Handeln einzelner Staaten wie Frankreich und Großbritannien. Was wissen wir eigentlich über Libyen? Dank seines Erdölreichtums ist die Situation der Bevölkerung ganz anders als in Tunesien und in Ägypten. Es gibt basisdemokratische Ansätze, ein für nordafrikanische Verhältnisse entwickeltes Bildungs- und Gesundheitssystem. Es kennt keine Arbeitslosigkeit, beschäftigt aber Zehntausende Gastarbeiter aus der Türkei, aus China und aus arabischen Staaten. Die Motive für den Aufstand sind folglich andere als in den Nachbarländern. Geht es nur darum, einen diktatorischen Operettenpopanz zu verjagen? Was wollen die Aufständichen wirklich? Oder in wessen Auftrag handeln sie? Die klügste Entscheidung traf offenbar die deutsche Bundeskanzlerin, aus welchen Motiven auch immer. Der Popanz soll weg, aber keine deutschen Soldaten an die nächste arabische Front!

Manfred Bewersdorf, Neubrandenburg

Wundersames Töten?

Zu jW vom 21. März: »Die Fünfte Kolonne der Kriegsallianz«

Da kämpft ein Diktator »gegen das eigene Volk«, aber die Opfer wurden nicht gezeigt (obwohl doch dort die »Rebellen« herrschen!). Da »schützt« die größte Militärmacht der Welt dieses Volk mit Bomben und Raketen – und wieder sind keine Opfer zu sehen. Sollten dort aber »nur« libysche Soldaten umgebracht werden, dann gehören diese wohl nicht zum »eigenen Volk«, sind also keine Mordopfer. Aber das ist der »Kampf« unserer demokratischen Medien gegen denkende Bürger. Unsere demokratische Regierung ist da schon klarer: Wie beteiligen uns nicht am Morden – jedenfalls nicht dort und wenn, dann nur ein bißchen. Dafür machen »wir«, also deutsche Soldaten, etwas mehr Aufklärung in Afghanistan. Wenn in deren Folge immer mehr Menschen umgebracht werden, dann ist das doch für deren »Freiheit und Demokratie«. Sollten dabei deutsche (!) Soldaten ihre Gesundheit oder ihr Leben verlieren, dann war ihr Einsatz zwar gut bezahlt, doch wer soll trauern? Sie haben getötet, warum sollten sie noch zu ihrem Volk (s.o.) gehören?

Dieter Junge, per E-Mail

Waffenlieferer vor Gericht

Zu jW vom 22. März: »Stoppt den LibyenKrieg«

Die Logik des Libyen-Krieges ist äußerst skandalös. Erst beliefern z.B. Frankreich, GB, Italien, Rußland und Deutschland den irren Diktator und Revolutionsführer Ghaddafi aus Profitgier mit ihren jeweiligen Hightech-Kriegswaffen, um sich hinterher darüber zu beschweren, daß er diese Waffen erfolgreich gegen die aufständischen Rebellen und sein eigenes Volk einsetzt. Noch schlimmer – damit rechtfertigen u.a. sogenannte Politgrößen wie Sarko(t)zy, Cameron, Obama und der UN-Sicherheitsrat die Einrichtung einer Flugverbotszone in Libyen, was nichts anderes als Krieg bedeutet. Nur gut, daß Deutschland diesmal da nicht mitspielt. Meine Meinung dazu: Kriegswaffen dürfen grundsätzlich nicht aus anderen Ländern an Diktatoren und in Kriegs- und Krisengebiete geliefert werden. Bei Zuwiderhandlungen sollten diese Waffenlieferanten vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zur Verantwortung gezogen werden können. Dafür müssen sich UN-Sicherheitsrat und NATO unbedingt einsetzen. Dann entfiele auch die vermeintliche Notwendigkeit des Krieges, die alles andere als logisch und alternativlos ist.

Roland Klose, Bad Fredeburg