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Aus: Ausgabe vom 27.08.2010, Seite 12 / Feuilleton

Hacks, ein Grundriß

Die Wohnverhältnisse von Peter Hacks werden in der bürgerlichen Presse zum Dauerthema. Vor einer Woche besuchte Alexander Cammann in der Zeit »als erster« die ehemalige Ziegelei im Brandenburgischen, auf der Hacks und Anna Elisabeth Wiede die Sommer verbrachten. Unter Verwendung etwas abgegriffener Zitatschätze beschrieb Cammann den Landsitz als Spukschlößchen, das den aufrechten Antistalinisten das Fürchten lehrt. Der Freitag von gestern nun bietet auf einer Doppelseite im Buch »Alltag« einen Grundriß der Berliner Wohnung von Wiede und Hacks. Drumherum hat Mat­thias Dell Erinnerungen an die sechs Zimmer »kompiliert«. Die widersprüchlichen, nicht einzeln zugeordneten Angaben stammen von 34 Zeugen, darunter die Hausfrau Sigrid Beltz, die Bibliothekarin Rosa Wiede und viele Prominente (Georg »Nostradamus« Fülberth, René Pollesch, Sahra Wagenknecht, Harry Rowohlt etc.). Demnach war der Lichtschalter für die Toilette hinter Ulbrichts gesammelten Reden zu finden, war Hacks »im Essen eher ungebildet, auch unwillig, sich zu bilden«, und lernte entsprechend spät den Parmesankäse hobeln. »Es gab Säulen mit Kordeln, es gab Figuren, die Lampen hielt ein ›Mohr‹, es gab schwere Vorhänge, es gab Kelche, aus denen Pfauenfedern ragten.« Viele rauchten. Jeder hatte seinen eigenen »Aschenteller«. Um 17 Uhr wurde vom Chartreuse zum Cognac übergegangen. Hacks sah viel fern, begrüßte inmitten der Antiquitäten auch Heiner Müller recht herzlich, und jeden Tag beim Frühstück lasen Wiede und Hacks das Neue Deutschland »von der ersten bis zur letzten Zeile«. Unter freitag.de/hacks findet sich eine Galerie mit Fotos der nicht erhaltenen Wohnung. (jW)

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