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Aus: Ausgabe vom 05.06.2010, Seite 12 / Feuilleton

1999 Romane auf einmal

Bis vor kurzem noch schien nichts interessanter zu sein als das Suchspiel, wo z.B. eine Hegemann abgeschrieben haben soll, als ob nicht doch vielleicht schon längst alles geschrieben sei und es nur noch darauf ankömme, alles einfach in immer neuen und fast unendlich vielen Versionen miteinander zu kombinieren. Genau dies hat der italienische Neo-Avantgarde- und »Wir wollen alles«-Autor Nanni Balestrini in seinem Liebesroman »Tristano« schon 1966 getan und dabei eifrig unterschiedlichstes Sprachmaterial aus ­Kitschromanen, Reiseführern, Sachbüchern usw. gesampelt. Sein Kollege Umberto Eco behauptet sogar, Balestrini sei der einzige Schriftsteller, der selbst kein einziges Wort geschrieben habe. Erst heute, dank der Fortschritte bei digitaler Drucktechnik sowie rechnergesteuerter Zufallskombinationen, kann Balestrini nun endlich von genau 109 Billionen möglichen Versionen jedem sein ganz persönliches Exemplar des »Tristano« anbieten: »Denn die Geschichte von Tristano sind viele Geschichten, und jeder Leser hat das Recht auf seine eigene.«Die Nummern 6000 bis 7999 (alles Unikate!) gibt es nur auf Deutsch. Am Samstag nachmittag um 16 Uhr stellt Balestrini das Buch in Berlin zusammen mit seinem Übersetzer Peter O. Chotjewitz im Suhrkamp-Laden, Linienstraße 127, vor. (Weiterer Termin: 15.6., Literaturhaus Stuttgart, 20 Uhr). (rs)

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