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Aus: Ausgabe vom 04.12.2006, Seite 9 / Kapital & Arbeit

Ehemaliger Siemens-Mitarbeiter packt aus

Korruptionsskandal bei Technologiekonzern weitet sich aus. Schmiergelder gingen offenbar auch an Politiker des griechischen Innen- und Verteidigungsministeriums
Im Korruptionsskandal beim Technologiekonzern Siemens hat ein ehemaliger Mitarbeiter offenbar erstmals konkrete Adressaten der Zahlungen genannt und detailliert das System der schwarzen Kassen beschrieben. Dabei erhob der 56jährige schwere Vorwürfe gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber, wie die Süddeutsche Zeitung und das Nachrichtenmagazin Der Spiegel am Wochenende berichteten.

Laut Spiegel sollen im Zusammenhang mit einem Sicherheitssystem für die Olympischen Spiele 2004 in Athen Gelder an dortige Entscheidungsträger im Innen- und Verteidigungsministerium gezahlt worden sein. Offenbar erhielt der frühere Athener Statthalter des Konzerns jährlich zwischen acht und zehn Prozent des jeweiligen Jahresumsatzes von Siemens Griechenland, um die Geschäfte mit Bargeld zu fördern. Mitunter seien das rund zehn Millionen Euro im Jahr gewesen.

Der aussagewillige Manager, der das System der schwarzen Kassen mit aufgebaut habe, sei am Freitag aus der Haft entlassen worden, hieß es weiter in dem Bericht. Man habe ihm gedroht, alles auf ihn zu schieben, wenn das System auffliegt, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Es habe versteckte Drohungen gegen ihn und großzügige Angebote gegeben. Je nachdem, wie er sich verhalte, werde er im Gefängnis schmoren oder eine sehr großzügige Pension kassieren, schreibt das Blatt weiter. Siemens wollte sich laut Spiegel mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht zu dem Fall äußern.


Siemens-Angestellte sollen über ein System von schwarzen Konten mehr als 200 Millionen Euro an Firmengeldern für Schmiergeldzahlungen abgezweigt haben. Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, drohen Siemens Steuernachzahlungen von bis zu 60 Millionen Euro plus Strafen.

Die Staatsanwaltschaft untersucht offenbar auch, welche Rolle die Buchprüfer-Gesellschaft von Siemens, KPMG, in dem Schmiergeld-Skandal spielt. Nach einem Bericht des Focus wurden die KPMG-Firmenräume bereits am 17. November durchsucht. Bei Buchprüfungen sei man mehrfach auf dubiose Geldströme gestoßen und habe dies Siemens gemeldet, so der Focus. Die Ermittler versuchten nun herauszufinden, wer an der Konzern-spitze entsprechende Hinweise von KPMG erhalten haben könnte.

(AFP/jW)

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