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Aus: Ausgabe vom 16.10.2024, Seite 10 / Feuilleton

Harfouch, Wilde, Hagen

Von Jegor Jublimov
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Corinna Harfouch in »Solo für Klarinette« (Nico Hofmann, 1998)

In Hark Bohms Film »Der kleine Staatsanwalt« spielte 1986 das damalige Ehepaar Corinna Harfouch und Michael Gwisdek aus der DDR große Rollen – sie in der Rolle der Frau Meffert. So lautete auch ihr Geburtsname, bevor sie den Nachnamen ihres ersten Ehemanns annahm, des syrischen Informatikers Nabil Harfouch. In diesen Jahren ging es unter DDR-Kulturminister Hans-Joachim Hoffmann liberaler zu als ehedem. Gelegentlich war es möglich, dass DDR-Künstler in einem progressiven Westfilm mitwirkten.

Corinna Harfouch, Pädagogentochter aus dem sächsischen Großenhain, war Krankenschwester und wollte Textilingenieurin werden, bevor sie sich fürs Schauspielstudium entschied. Das war ein Glücksfall, denn die Meisterschülerin der Intendantin des Theaters im Palast, Vera Oelschlegel, wurde schnell für führende Berliner Bühnen entdeckt und absolvierte später auch Gastspiele in Wien, Stuttgart und Zürich.

Nach kleineren Rollen vor der Kamera ab 1979 betraute sie Roland Gräf mit markanten Rollen in seinen Filmen »Das Haus am Fluss« (1986, nach Friedrich Wolfs Vorlage), »Fallada – letztes Kapitel« (1988) und »Der Tangospieler« (1991, nach Christoph Hein). Auch den drei Regiearbeiten von Michael Gwisdek »Treffen in Travers« (1988), »Abschied von Agnes« (1994) und »Das Mambospiel« (1998) verhalf sie zum Erfolg. Corinna Harfouch hat sich sowohl in dramatischen wie in komischen Rollen bewiesen und gerade in den vergangenen zehn Jahren noch einmal »groß aufgedreht«, etwa im Berlinale-Erfolg dieses Jahres »Sterben«. Dafür gab es den Deutschen Filmpreis für die beste weibliche Hauptrolle. Sie wird an diesem Mittwoch 70 Jahre alt.

Genau 100 Jahre vor ihr kam in Dublin der Dandy und vielseitige Autor Oscar Wilde zur Welt, der 1900 – von der »guten Gesellschaft« verachtet – in Paris starb. Von ihm stammt der Aphorismus: »Ich ziehe Frauen mit einer Vergangenheit vor. Man kann sich verdammt gut mit ihnen unterhalten.«

Das hätte Wilde auch mit Eva-Maria Hagen gekonnt, die vor zwei Jahren starb und am Sonnabend 90 geworden wäre. Auch sie wurde nicht unter ihrem Geburtsnamen Buchholz bekannt, sondern erst, nachdem sie den Schriftsteller Hans Oliva-Hagen, den Vater ihrer Tochter Nina, geheiratet hatte. Die Ehe wurde nicht glücklich, und Liaisons mit dem Dichter Peter Hacks, dem Liedermacher Wolf Biermann und dem Regisseur Matti Geschonneck schlossen sich an. Da gab es genügend Stoff für immerhin vier dicke Bücher, in denen sie Berufliches und Familiäres geschickt verband. Man erfährt, wie ihr der schulterfreie Auftritt in ihrem Debüt »Vergesst mir meine Traudel nicht« 1957 Vergleiche mit Brigitte Bardot und Silvana Mangano einbrachten; wie sie Wolf Biermann, der sie zum Singen brachte, 1976 nach Hamburg folgte; und wie das Zusammenleben mit Tochter Nina nicht immer schmerzfrei war. Mit 80 Jahren ging sie nach rund 100 Filmrollen in den Ruhestand.

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