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Aus: Ausgabe vom 06.03.2024, Seite 10 / Feuilleton

Kunert, Hachfeld, Helwig

Von Jegor Jublimov
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Günter Kunert in seinem Arbeitszimmer im September 2012

»Schreiben: damit sich ereignet, was jeder insgeheim wünscht: dass der Moment einen Moment lang Dauer behält und immer wieder erweckt werden kann.« So beschrieb Günter Kunert seine Faszination am Umgang mit Worten, die bewirkt hatte, dass er sein Grafikstudium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee nach fünf Semestern abbrach. Die literarischen Heroen Bertolt Brecht und Johannes R. Becher wurden Vorbilder für ihn, obwohl er in frühen Jahren doch auch ein gern gelesener Satiriker war. Er hatte einen Hang dazu, auf produktive Weise Anstoß zu erregen, was letztlich bewirkte, dass er die DDR 1979 im Streit verließ und in Schleswig-Holstein ansässig wurde. 2019 widmete das Wilhelm-Busch-Museum in Hannover Kunert zum 90. Geburtstag eine Ausstellung seiner grafischen Arbeiten. Im selben Jahr starb er an einer Lungenentzündung. An diesem Mittwoch wäre er 95 geworden, und es gibt Neues von ihm! Der Filmhistoriker Günter Agde hat unter dem Titel »Kunerts Kino« einen Band mit Arbeiten des Autors für und über den Film zusammengestellt, darunter viele Erstveröffentlichungen.

Ähnlich vielseitig wie Kunert ist Rainer Hachfeld, der am Sonnabend seinen 85. Geburtstag feiern kann. Der Sohn des Drehbuch- und Kabarettautors Eckart Hachfeld und Bruder des Theatermachers Volker Ludwig nahm in Westberlin ein Kunststudium auf, wurde Bühnenbildner und Trickfilmzeichner bei der UFA. Nach Humorzeichnungen begann Hachfeld Mitte der 60er Jahre als politischer Karikaturist u. a. beim Spandauer Volksblatt, dem Berliner Extra-Dienst – linke Publikationen, darunter viele internationale. Er machte Musik, schrieb für und mit seinem Bruder Kinderstücke und fürs Fernsehen. Seit den 70er Jahren verfolgt er mit besonderem Interesse die Politik in den Ländern Lateinamerikas. Das kann man bis heute nachverfolgen, denn viele seiner aktuellen Arbeiten finden sich auf seiner Homepage, wo er thematisiert, dass über so manche Entwicklung noch nicht das letzte Wort gesprochen werden kann. In einem Fall durchaus: Seine Zeichnung zur »Remigration«, wo der Weg nach Auschwitz gewiesen wird, hat das Zeug, zu den besten deutschen Karikaturen 2024 gewählt zu werden.

Grafisch zu arbeiten hatte auch Gerhard Helwig gelernt, dessen 100. Geburtstag am 6. März ansteht und der 2000 starb. Er war ein »Urgestein« der Defa, kam er doch im Gründungsjahr 1946 als Volontär dorthin und erhielt einen Ausbildungsvertrag als Kunstmaler und Architekt. Ab 1953 arbeitete er als Filmarchitekt und -szenograph und entwickelte auch einige Filmplakate. Früh erkannte er, dass es wichtig ist, die Gestalt der Szenen in einem Notizbuch zu skizzieren – eine Erleichterung für Regie und Kamera. Besonders in dem Antikriegsfilm »Die Abenteuer des Werner Holt« (1965) kam das zum Tragen. Regisseur war Joachim Kunert, mit dem Helwig oft drehte, aber auch seine Zusammenarbeit mit Konrad Wolf (u. a. »Lissy«, 1957), Gerhard Klein (»Der Fall Gleiwitz«, 1961), Rainer Simon (»Till Eulenspiegel«, 1975) und Hans-Joachim Kasprzik (u. a. vier Teile »Sachsens Glanz und Preußens Gloria«, 1985) war besonders fruchtbar.

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