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Aus: Ausgabe vom 16.02.2017, Seite 10 / Feuilleton
Droste

Nutzfläche

Von Wiglaf Droste

Bei dem Wort »Nutzfläche« denken viele an Land- beziehungsweise, vom Sound her wichtiger, an Agrarwirtschaft oder an Gewerbebauland.

Es geht aber auch ganz anders. Als ich noch viele, viele Kilogramm mehr auf und vor den Rippen hatte, wurde ich von einer Ärztin untersucht und stand mit freiem, prallem Oberkörper vor ihr. Sie war schön, weiblich gebaut und zum Anbeißen proper, also weder fett noch eines dieser Punkt-Punkt-Komma-Strich-Mädchen, von denen der luxusverarmte Teil der Welt wimmelt. (Strichmädchen ist hier ausschließlich als Pendant zum Strichmännchen zu verstehen und keinesfalls als Synonym für Bordsteinschwalbe.)

Weil ich mich wegen meines Kühlers genierte, versuchte ich im Rahmen der verbliebenen Möglichkeiten die Wanne einzuziehen. »Bitte tun sie das nicht«, sagte sie. »Das ist alles erotische Nutzfläche!«

So hatte ich die Sache noch nie betrachtet, und weil ich Freude an neuen Gedanken und treffenden Worten habe, lachte ich fröhlich, sie lachte ebenfalls aufmunternd – aufmunternd, nicht anzüglich, das macht den Unterschied. Nachdem ich dann doch 30 Kilo abgenommen hatte, tröstete mich der Gedanke, dass auch so noch genügend Nutzfläche übriggeblieben war.

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