PM junge Welt: Tageszeitung junge Welt hat mit Hamas und anderen palästinensischen Organisationen Interviews über den Waffenstillstand und die Zukunft von Gaza geführte
Die in Berlin erscheinende überregionale Tageszeitung junge Welt hat Interviews mit hochrangigen Vertretern der drei führenden palästinensischen Organisationen im Gazastreifen geführt.
Die Interviews mit Sprechern der Hamas, des Palästinensischen Islamischen Dschihad und der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) fanden vor rund einer Woche im Libanon statt. Eine Auswertung und Zusammenfassung wichtiger Aussagen wird am Montag in der jungen Welt veröffentlicht. Ergänzend werden die vor Ort gefilmten und anschließend aus dem Arabischen ins Englische und Deutsche übertragenen Interviews schriftlich auf www.jungewelt.de dokumentiert.
An den Verhandlungen in Ägypten, die zum Waffenstillstand in Gaza führten, waren neben der Hamas auch der Palästinensische Islamische Dschihad und die PFLP mit eigenen Delegationen beteiligt, wie die Interviewten berichteten.
„Wir führen Verhandlungen über einen Waffenstillstand und wir halten an dieser Vereinbarung fest, solange die Besatzungsmacht sich daran hält“, versichert Walid Kilani, Hamas-Sprecher im Libanon. „Natürlich gibt es Verstöße, die mit Verstößen beantwortet werden können, aber wir als palästinensischer Widerstand bleiben diesem Abkommen verpflichtet“, betont auch Haitham Abu Ghaslan, ein Anführer des Islamischen Dschihad. US-Präsident Donald Trump habe Benjamin Netanjahu dazu gezwungen, den Waffenstillstand zu akzeptieren, so die Einschätzung der Partei. „Heute haben Israel und die USA ein Interesse daran, ihre Isolation zu beenden und daher auch an der Fortsetzung dieses Abkommens“, so Abu Ghaslan.
Die Frage, inwieweit seine Organisation eine international favorisierte Zweistaatenlösung unterstützen würde, kontert Kilani mit einer Schuldzuweisung an Israel, das eine solche Lösung nicht beabsichtige. „Ihr Ziel ist die Auslöschung des palästinensischen Volkes. Solange Israel weiterhin Gebiete besetzt hält - im Libanon, im Gazastreifen, im Westjordanland oder anderswo – handelt es sich um einen Feind, und wir können dies nicht als Friedensabkommen bezeichnen. Es ist ein Waffenstillstandsabkommen“, so der Hamas-Sprecher. Explizit weist der Islamische Dschihad eine Zweistaatenlösung zurück: „Wir sind nicht für den Vorschlag und der israelische Feind ist nicht für den Vorschlag.“ Ziel sei die Befreiung „Palästinas vom Fluss bis zum Meer, das gesamte Land Palästina“, so der PFLP-Vertreter.
Einig sind sich die drei Organisationen in ihrer Ablehnung eines ausländischen Mandats zur Verwaltung Gazas. „Was die Verwaltung des Gazastreifens betrifft, befürworten wir eine Regierung aus Technokraten, eine Verwaltung oder ein Komitee, das unabhängig ist, über Kompetenzen verfügt und rein palästinensisch ist“, so der Hamas-Sprecher, der versichert, die Hamas sei „nicht entschlossen, den Gazastreifen zu regieren“. Entscheidend sei, dass eine unabhängige Verwaltung von allen palästinensischen Fraktionen anerkannt wird. Ähnlich äußern sich auch die Vertreter der beiden anderen Parteien.
Befragt nach drei Anfang Oktober in Berlin verhafteten angeblichen Hamas-Mitgliedern, die Anschläge auf israelische Einrichtungen geplant haben sollen, dementiert der Hamas-Sprecher, dass es sich um Mitglieder der Organisation handelt. „Seit der Gründung der Bewegung bis heute hat die Hamas keine militärischen Operationen außerhalb Palästinas durchgeführt und ihre militärischen Aktionen auf Palästina, das Westjordanland und den Gazastreifen beschränkt. Dies ist ein Grundsatz, den wir befolgen, und wir haben aus den Erfahrungen anderer gelernt.“, so Kilani. „Wir sind eine nationale Befreiungsbewegung, die unser Land befreien will.“