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Aus: Ausgabe vom 22.10.2025, Seite 11 / Feuilleton
Kino

Bis die Nase blutet

Nahaufnahmen emotionalen Elends: Sebastian Husaks Film »Bubbles ... wir waren doch Freunde«
Von Gisela Sonnenburg
(C)Schmidbauer-Film, Nikolai Huber_ Das Dreiergespann aus Bubble
Toxisches Trio

Wer sagt denn, dass Liebe immer nur schön ist? Ein junges Pärchen fährt im Kinofilm »Bubbles« von Sebastian Husak erst mal raus ins Grüne. Im Herbst. Richtung Nordsee. Und rauf auf die Fähre. Das Auto wird abgestellt, der Schlüssel gezogen. Der Boden schwankt. Aber der schäumende Heckwelle des Schiffes wird von Fiete (Leonard Scheicher als etwas unsicherer Verliebter) schnell noch fotografiert. Nur wird seiner Partnerin Amiri (hübsch und mystisch: Zeynep Bozbay) etwas übel. Dabei weiß sie noch nicht, dass Tage von mittlerer Alptraumqualität sie erwarten.

»Heimflug statt Migrantenflug« – das verlangt ein Transparent an einem Haus am grünen Deich. Amiri wird jetzt erst recht übel. Wäre sie doch in Berlin geblieben. Aber Fiete zeigt ihr glücklich das Ziel: ein stattliches, weiß gestrichenes Reetdachhaus. Hier verbrachte er glückliche Stunden als Kind. Jetzt wird das Gebäude geräumt, einige Stücke will er sich sichern.

Das Pärchen bleibt nicht allein. Luca (toll überdreht: Johannes Nussbaum) taucht auf. Seine Eltern und die von Fiete hatten das Haus gemietet. Zehn Jahre lang haben Fiete und Luca sich nicht gesehen. Die Freude ist dennoch verhalten, durchsetzt von männlichen Hormonen und irgendwie auch von unauffälligem Schweigen.

Das Wattenmeer blubbert vielsagend. Die Story kommt nur mit Bedacht in Schwung. Langsam erfährt Amiri, dass Luca und Fiete noch einen Kumpel hatten. Ob dessen Eltern auch fürs Ferienhaus zahlten, ist unklar. Klar ist nur, dass er bei einem Unfall starb, weil Luca mit viel Alkohol im Blut am Steuer saß. Er musste ins Gefängnis. Der Kontakt zwischen ihm und Fiete brach ab.

Trotz der tödlichen Erfahrung mit Schnaps ist Suff das erste, das die jungen Kerle wieder verbindet. Überhaupt treten die negativen Seiten der drei Charaktere mehr und mehr zu Tage. Die Protagonisten sind unüberlegt, heimlich nur auf den eigenen Vorteil bedacht, oberflächlich. Andererseits ist ihr Hunger auf Abenteuer verständlich. Nur bekommen sie es nicht geregelt, Spaß zu haben, der nicht auf Kosten anderer geht.

Die von Nikolai Huber vorzüglich geführte Kamera geht oft nah ran. Auch wenn Luca mit Amiri flirtet und sie sich ihre Tattoos zeigen. Oder wenn die Männer gemeinsam pinkeln gehen. Bilder der einsamen Natur berauschen, bilden eine Welt für sich. Textlich ist man oft bei der Improvisation, auch Gestammel und das Sich-ins-Wort-Fallen gibt es: Realismus muss weh tun.

Kleine Katastrophen bahnen größere an. Die Regie von Husak schafft es, einen hineinzuziehen in das emotionale Elend dieser drei Gestrandeten. Sie leben in verschiedenen »Bubbles«, also sozialen Blasen, können einander nicht verstehen. Ihre soziale Kompetenz ist mager. Und zwischen ihnen bleibt alles unverbindlich, sogar die Lügen, die sie sich auftischen.

Fast wird auch Amiri zur Täterin. Fiete sowieso. Am Ende hat er eine blutige Nase, dafür aber auch die Einsicht gewonnen, am Unfall vor über zehn Jahren nicht unschuldig gewesen zu sein. Sein neuer alter Freund entpuppt sich allerdings als Rechtsextremer. Mit überraschenden Kehrtwendungen wird dieser Film fast zum Psychothriller.

»Bubbles ... wir waren doch Freunde«, Regie: Sebastian Husak, Deutschland 2025, 90 Min., Kinostart: 23. Oktober

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