Kaczyński hetzt, Tusk macht
Von Reinhard Lauterbach
Regierung und rechte Opposition in Polen haben sich am Wochenende einen Wettstreit darum geliefert, wer der größte Migrantenabwehrer ist. Die PiS von Jarosław Kaczyński hatte ihre Anhänger aus dem ganzen Land zu einer Kundgebung auf dem Schlossplatz am Rande der Warschauer Altstadt aufgerufen. Nach Polizeiangaben kamen etwa 6.000 Menschen, deutlich weniger, als die Veranstalter offenbar erhofft hatten; noch am Donnerstag hatten Parteisprecher von bis zu 20.000 erwarteten Demonstranten gesprochen.
Hauptinhalt des Auftritts von PiS-Chef Kaczyński und anderen Vertretern der Partei war die angebliche Überschwemmung Polens mit »illegalen Migranten« durch die Regierung Tusk. Polen dürfe nicht so werden wie Westeuropa, wo sich die Polizei in migrantisch geprägte Stadtviertel nicht mehr hineintraue, rief Kaczyński. Donald Tusk verkörpere »das Böse«, das Polen schade und es als souveränen Staat vernichten wolle.
Schon am Sonnabend morgen hatte Tusk dagegen bekanntgegeben, dass die EU Polen vom Mechanismus des sogenannten Migrationspaktes ausgenommen habe. Das bedeutet, dass dem Land keine administrative Verlagerung von etwa in Griechenland oder Italien auf EU-Territorium gekommenen Migranten droht; auch die in dem »Migrationspakt« vorgesehenen Strafzahlungen bei Nichtaufnahme von zugewiesenen Migranten würden auf Polen nicht angewandt. Tusk sagte, die PiS »quatsche« nur, seine Regierung handle und mache Polen sicher vor »illegaler Migration«. Die Nachricht aus Brüssel veranlasste Kaczyński, kurzfristig die Stoßrichtung seiner Vorwürfe zu ändern. Hatte es letzte Woche noch geheißen, die Befreiung Polens vom »Migrationspakt« sei eine »Heimtücke« der EU, weil Brüssel Tusk im Amt halten wolle, rühmte sich die PiS nun, dass diese Befreiung der Erfolg ihrer Proteste gegen den Pakt gewesen sei.
Ein zweiter Punkt, gegen den sich die PiS-Kundgebung vom Sonnabend richtete, war das von der EU ausgehandelte Freihandelsabkommen mit der lateinamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur. Redner sagten das Ende der polnischen Landwirtschaft voraus, falls das Abkommen in Kraft treten sollte. Tusks Sprecher Adam Szłapka konterte, das Freihandelsabkommen sei zur Regierungszeit der PiS ausgehandelt worden.
Tageszeitung junge Welt am Kiosk
Die besonderen Berichterstattung der Tageszeitung junge Welt ist immer wieder interessant und von hohem Nutzwert für ihre Leserinnen und Leser. Eine gesicherte Verbreitung wollen wir so gut es geht gewährleisten: Digital, aber auch gedruckt. Deswegen liegt in vielen tausend Einzelhandelsgeschäften die Zeitung aus. Überzeugen Sie sich einmal von der Qualität der Printausgabe.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Cheney Orr/REUTERS11.12.2024
»Einsam und unnütz«
- Stephane Mahe/REUTERS07.12.2024
Finale um Mercosur
- Rolf Kremming/imago24.06.2024
Warschau zeigt Grenzen auf
Mehr aus: Ausland
-
In Tokio tut sich was
vom 13.10.2025 -
See you in Den Haag
vom 13.10.2025 -
Mit Trump ja, mit Europa nein
vom 13.10.2025 -
Schon wieder Lecornu
vom 13.10.2025 -
Gespenst des Tages: Mark Bray
vom 13.10.2025