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Aus: Ausgabe vom 25.09.2025, Seite 16 / Sport
Doping

Wenn das Preisgeld stimmt

Doping erwünscht: Ausblick auf die heftig diskutierten Enhanced Games in Las Vegas im Mai 2026
Von Jens Walter
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Wer von den Organisatoren der Enhanced Games ist gedopt? Keiner, einer, alle?

Klagen gegen Verbände, Werben um Stars und große Worte, wenn einer der Millionen-Prämien-Versuchung erliegt. In weniger als 250 Tagen sollen die ersten Enhanced Games in Las Vegas den Aufbruch in eine neue Ära des Sports dokumentieren – so die Veranstalter der Wettkämpfe, bei denen Doping nicht verboten, sondern erlaubt und Mittel zum großen Geldverdienen ist. »Ich denke, das ist die Zukunft des Sports«, sagt die designierte Teilnehmerin Megan Romano, 34 Jahre alt und viermalige Schwimmweltmeisterin.

Eine Prognose, die nicht wenige erschaudern lässt. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) verurteilte das Vorhaben bereits als »gefährliches und unverantwortliches« Konzept. Vor einigen Wochen kündigte WADA-Präsident Witold Bańka sogar an, dass man die US-Behörden drängen werde, auf einem legalen Weg die Spiele zu blockieren.

»Die Macher der Enhanced Games wollen vielleicht schnelles Geld verdienen, aber dieser Gewinn geht auf Kosten von Kindern auf der ganzen Welt, die glauben, dass sie Dopingmittel nehmen müssen, um ihre Träume zu verwirklichen«, betonte der Chef der amerikanischen Anti-Doping-Agentur, Travis Tygart. »Ein Wettbewerb, der gezielt auf den Einsatz von Dopingmitteln setzt, ist ethisch und moralisch absolut verwerflich«, sagt der Vorstandsvorsitzende der Nationalen Anti-Doping-Agentur, Lars Mortsiefer.

Drei Sportarten sind vorgesehen: Schwimmen, Leichtathletik, Gewichtheben. Und in dem sehr ausgewählten Programm wurde noch weiter ausgesiebt: Über 50 und 100 Meter wird geschwommen, jeweils Freistil und Schmetterling. Bei der Leichtathletik geht’s über 100 Meter sowie 100 und 110 Meter Hürden, im Gewichtheben sollen in drei Kategorien bisher nicht erreichte Kilogramm bewältigt werden.

Finanziell »garniert« werden die Wettbewerbe mit einem Preisgeld von jeweils 500.000 US-Dollar, die Hälfte davon für den ersten Platz. Dazu gibt es Antrittsprämien und vor allem eine verlockende Million US-Dollar für bisher nicht gelaufene und geschwommene Zeiten über 100 Meter und 50 Meter Freistil.

»Das ist finanziell sehr attraktiv, und ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass mir das egal ist«, sagte jüngst der britische Schwimmer Ben Proud, zweiter bei den Olympischen Spielen von Paris über 50 Meter, mehrfacher Welt- und Europameister, der BBC: »Ich müsste 13 Jahre lang Weltmeistertitel gewinnen, um das zu verdienen, was ich bei einem einzigen Wettkampf bei den Enhanced Games gewinnen kann.«

Für 100-Meter-Weltrekordler Usain Bolt wird es keine Rolle spielen, ob jemand an diesem 24. Mai 2026 auf einer der sechs Bahnen in der Resorts World von Las Vegas schneller als 9,58 Sekunden laufen wird. »Keine Sorge. Ich hatte meine Zeit, jetzt haben andere ihre Chance – aber sie müssen es sauber tun«, wurde der gewiss sehr saubere ehemalige Leichtathletik-Superstar im Schweizer Blick nach einer Wohltätigkeitsgala in Zürich zitiert.

Den Weltrekord hatte er am 16. August 2009 in Berlin aufgestellt. Ihn unterbieten will ihn nun Fred Kerley, zweiter bei Olympia in Tokio und dritter in Paris sowie dreimaliger Weltmeister, darunter 2022 über die 100 Meter in Eugene.

In Tokio bei der WM fehlte Kerley – er ist vorläufig suspendiert durch die unabhängige Integritätskommission des Leichtathletik-Weltverbandes. Der Grund: ein Verstoß gegen Meldepflichten. Zudem wurde er in diesem Jahr gleich zweimal von der Polizei vorübergehend festgenommen.

»Freds Entscheidung, bei uns anzutreten, unterstreicht nicht nur unser Ziel, die spannendsten Leichtathletikwettkämpfe überhaupt zu veranstalten, sondern festigt auch die wachsende Attraktivität der Enhanced Games als Zukunft des Spitzensports«, kommentierte der Enhanced-Games-Geschäftsführer Maximilian Martin, gebürtiger Münchner und ehemaliger Investmentbanker.

Andere aus der Führungsriege der Enhanced Games sind der deutsche Milliardär Christian Angermayer, unter anderem Mitgründer eines Biopharmaunternehmens, und der australische Oxford-Absolvent Aron D’Souza, der sich auf einer Mission sieht, eine »neue Supermenschheit zu erschaffen«. Er sagte dem Magazin Cycling Weekly auch einmal: »Es ist ein klassisches Missverständnis zu sagen, dass leistungssteigernde Medikamente unsicher sind. Das ist Hysterie.«

Und so gehen die Organisatoren der geplanten Enhanced Games auch gegen die vor, die gegen sie vorgehen, und reichten laut der Nachrichtenagentur AP bereits eine Kartellklage von 800 Millionen US-Dollar gegen den Schwimmweltverband World Aquatics, USA Swimming und die WADA ein. Sie werfen den Kritikern eine illegale Kampagne vor, mit der Athleten zum Boykott der Veranstaltung aufgefordert werden sollten. Der Schwimmweltverband etwa hatte zuletzt angekündigt, diejenigen auszuschließen, die an den Enhanced Games teilnehmen würden. Enhanced-Games-Teilnehmer Proud stellte bei seiner Ankündigung daher auch gleich klar: »Ich werde vom traditionellen Schwimmen zurücktreten.«

Bei den vergangenen Schwimmweltmeisterschaften hatte Proud noch Silber über 50 Meter Freistil gewonnen. Einzelweltrekorde hatte es in Singapur einen gegeben – Leon Marchand über die 200 Meter Lagen. Bei der Leichtathletik-WM, die am Sonntag in Tokio endete, hatte Armand Duplantis im Stabhochsprung mit 6,30 Meter für den einzigen Weltrekord gesorgt.

Über die Enhanced Games wollte Leichtathletik-Weltverbandpräsident Sebastian Coe am Rande der WM nicht sprechen, er will ihnen keine Plattform geben und verweist zudem auf lukrative Prämien, die es in der Leichtathletik zu gewinnen gibt. »In den nächsten vier Jahren werden wir rund 50 Millionen Dollar für Preisgelder ausgeben«, sagte Coe.

»Sauberer Sport ist sehr wichtig, denn es geht in erster Linie nicht um die Leistung, sondern um den Menschen«, betonte möglicherweise etwas naiv WM-Routinier Christopher Linke, zuletzt zehnter im Gehen über 20 Kilometer, angesprochen auf die angekündigte Teilnahme von Kerley. »Das ist ein schwieriges Thema. Wenn ein Athlet gerade gesperrt ist, ist es zwar die einzige Möglichkeit, die er für einen Start hat. Aber es ist das falsche Zeichen.«

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