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Aus: Ausgabe vom 13.09.2025, Seite 2 / Ausland
»Global Sumud Flotilla«

»Wir haben rund 300 Tonnen Güter an Bord«

Tunesien: Nach Luftangriffen auf zwei Boote ist »Global Sumud Flotilla« entschlossen, bis Gaza zu fahren. Ein Gespräch mit Ezequiel Peressini
Interview: Thorben Austen
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Vor dem geplanten Ablegen der Flottille versammeln sich Aktivisten und Unterstützer im Hafen von Sidi Bou Saïd (10.9.2025)

Sie befinden sich an Bord eines der Boote der »Global Sumud Flotilla«, der Solidaritätsflotte auf dem Weg nach Gaza. Am Dienstag soll es einen Angriff mit Drohnen auf das Hauptschiff der Flotte gegeben haben. Was können Sie dazu sagen?

Es war ein direkter Angriff mit Drohnen auf das Familienschiff der Flotte. Er ereignete sich, während die Schiffe im Hafen von Sidi Bousaid, einem Vorort von Tunis, vor Anker lagen. Bei unserem Stopp geht es darum, dass sich die Schiffe sammeln und genügend Treibstoff, Wasser und Lebensmittel an Bord nehmen. Es war ein direkter Angriff des israelischen Staates, der die Flotte am Weiterfahren hindern sollte.

Werden Sie weiterfahren?

Wir sind am 31. August in Barcelona gestartet und befinden uns seit Dienstag in Tunis. Der Weg von Tunis nach Gaza ist weit, daher müssen die Schiffe in optimalem Zustand sein. Wir haben rund 300 Tonnen lebenswichtiger Güter wie Lebensmittel, Trinkwasser und Medikamente an Bord. Es geht darum, einen humanitären Korridor nach Gaza zu schaffen. Selbstverständlich werden wir weiterfahren! Von Libyen und Ägypten ist keine Hilfe zu erwarten. Beide Staaten sind Komplizen des Völkermordes. Ägypten hat seine Grenze nach Gaza geschlossen. Wir gehen davon aus, dass es für die Flotte dort keine Möglichkeit gibt, an Land zu gehen.

Was erwarten Sie auf der Weiterfahrt?

Wir wissen, was mit vorherigen Flotten passiert ist. Israel droht unverblümt, nennt uns »Terroristen« und droht uns Haft in Hochsicherheitsgefängnissen an. Aber wir sind vorbereitet. Für alles, was passieren wird, trägt Israel die Verantwortung. Wir sind über 50 Schiffe mit 1.000 Genossinnen und Genossen aus 40 Ländern – der Türkei, Nordafrika, Belgien, Deutschland, Mexiko und Argentinien, um nur einige zu nennen. An Bord befinden sich bekannte Aktivistinnen wie Greta Thunberg und die ehemalige Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau. Dutzende Abgeordnete und Bürgermeister aus aller Welt fordern in einer Erklärung, die Flotte ungehindert passieren zu lassen. Die weltweite Aufmerksamkeit ist sehr wichtig.

Ist davon mittlerweile genügend vorhanden?

Die Völker der Welt stehen hinter dem Kampf der Palästinenser. Wir sind sowohl bei der Abfahrt in Barcelona als auch bei der Ankunft in Tunis von Massenmobilisierungen begleitet worden. Italienische Hafenarbeiter stehen im ständigen Kontakt mit der Flotte und haben folgendes angekündigt: Bricht der Kontakt für 20 Minuten ab, werden sie in den italienischen Häfen keine israelischen Schiffe mehr be- und entladen sowie die Ausfahrt blockieren. Kein Nagel kommt dann mehr nach Israel, sagen sie. Italien ist ein wichtiger Seehafen für Israel. Ähnliches haben brasilianische Öl- und Hafenarbeiter angekündigt, um den Export von Erdöl nach Israel zu stoppen. Beim Radrennen Vuelta de España gibt es täglich große Proteste gegen die Teilnahme des israelischen Teams Israel-Premier Tech.

Welche Ziele verfolgt Israel aus Ihrer Sicht?

Man muss sich klarmachen: Israel führt seit 78 Jahren einen Völkermord in Palästina durch. Die aktuelle Eskalation im Krieg, das Bombardieren der letzten noch intakten großen Gebäude in Gaza und die systematischen Bombardierungen zeigen deutlich, dass Israel die Vertreibung der gesamten Bevölkerung Gazas zum Ziel hat. Mehr als zwei Millionen Menschen sollen ihre Heimat verlieren. Geplant ist die abschließende Kolonialisierung Palästinas. Ministerpräsident Netanjahu will das zionistische Projekt eines Großisraels zu Ende bringen. Der Angriff auf die Hamas-Delegation in Katar ist da nur der letzte Schritt, der aber deutlich macht: Israel will nicht verhandeln.

Welche Rolle spielen jeweils die USA und europäische Regierungen?

Es ist völlig offensichtlich und nicht zu leugnen, dass diese sich der Komplizenschaft schuldig machen – vor allem Deutschland und die USA. Ohne die Unterstützung von Donald Trump könnte Israel den Völkermord so nicht durchführen.

Ezequiel Peressini ist in Argentinien Mitglied der Partei Izquierda Socialista (Sozialistische Linke) und Teil der Internationalen Arbeitereinheit – Vierte Internationale (UIT–CI). Er befindet sich an Bord eines der Boote, die eine Solidaritätsflotte nach Gaza bilden

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