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Aus: Ausgabe vom 31.07.2025, Seite 10 / Feuilleton
Raubkunst

Neue Ausfahrt

Mehr als 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat der Bund ein Ölgemälde des Malers Ferdinand Georg Waldmüller an die Nachfahren der jüdischen Unternehmerin Grete Klein aus Wien zurückgegeben. Das Bild »Hansl’s erste Ausfahrt (Heimkehrende Kinder)« gilt als Naziraubkunst, wie Kulturstaatsminister Wolfram Weimer mitteilte. Grete Klein hatte nach Weimers Angaben nach dem sogenannten Anschluss Österreichs 1938 unter Zwang ihre Babyschuhfabrik in Wien verkaufen müssen; Schmuck und Silber musste die Familie unter Wert abgeben. Als den Kleins 1939 die Flucht nach Palästina gelang, verleibte sich der Nazistaat ihr zurückgelassenes Vermögen ein, darunter ihre Villa mit diversen Kunstschätzen. Das Waldmüller-Bild soll nach Erkenntnissen von Provenienzforschern für Adolf Hitlers »Sonderauftrag Linz« vorgesehen gewesen sein. Dabei handelte es sich um ein von Hitler geplantes Museumsprojekt, für das mit Hilfe der antisemitischen Verfolgungspolitik Kunstwerke zusammengetragen wurden. Nach Kriegsende wurde das Gemälde den Angaben zufolge von den US-Streitkräften sichergestellt und ging letztlich in den Kunstbestand des Bundes über. »Mit dieser Rückgabe erkennt der Bund das Schicksal von Grete Klein an, die vor den Nationalsozialisten fliehen musste und enteignet wurde«, erklärte Weimer. Jede Rückgabe sei ein wichtiges Zeichen. Die Bundesregierung bekennt sich zu den »Washingtoner Prinzipien« zur Rückgabe von Kulturgütern, die Juden wegen der Verfolgung durch die Nazis abtreten mussten. Verdachtsfälle solcher Raubkunst werden von Provenienzforschern untersucht. Inzwischen seien 71 Kulturgüter und eine umfassende Bibliothek aus dem ehemaligen Reichsvermögen an die rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben worden, hieß es. (dpa/jW)

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