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Aus: Ausgabe vom 14.06.2025, Seite 1 / Titel
Iran

Israel eröffnet siebte Front

Iran wird seit Freitag morgen angegriffen. Dutzende tote Zivilisten, Militärführer ermordet
Von Mawuena Martens
Nach dem gleichen Schema wie in Gaza und Libanon hat Israel gezielt Wohnbezirke bombardiert (Teheran, 13.6.2025)
Über die besetzte Westbank wurde für Palästinenser eine Ausgangssperre verhängt (Hebron, 13.6.2025)
In Erwartung iranischer Gegenangriffe wurde der zivile Luftverkehr in Israel eingestellt (Ben-Gurion-Flughafen, 13.6.2025)
Das öffentliche Leben in Israel ist nach dem Überfall auf Iran weitgehend zum Erliegen gekommen (Tel Aviv, 13.6.2025)

Für Teheran ist es eine Kriegserklärung: Am Freitag morgen begann der Aggressorstaat Israel seine sogenannte Operation Rising Lion gegen Iran. Diese sei notwendig, um das Überleben des Staates Israel zu sichern, behauptete der israelische Premier Benjamin Netanjahu. Und: Sie werde so lange andauern, wie nötig. Gegenüber TASS ergänzte einer seiner Berater, sein Land sei auf einen »umfassenden Krieg« vorbereitet.

In einer ersten Welle hatten rund 200 Kampfbomber 300 Ziele im Iran ins Visier genommen – getroffen wurden Wohnviertel in der Hauptstadt Teheran sowie in weiteren Städten. Nach israelischen Angaben wurden Radaranlagen, Raketenwerfer, Atomanlagen und Fabriken angegriffen. Teils gingen diese laut Times of Israel von einer geheimen, im Landesinneren errichteten Drohnenbasis aus. Der oberste Befehlshaber Mohammed Bagheri und der Anführer der »Revolutionsgarden«, Hussein Salami, wurden ebenso gezielt getötet wie Nuklearwissenschaftler. Gegen Mittag folgte die nächste Angriffswelle, unter anderem auf den Flughafen in Tabris im Nordwesten. Bis jW-Redaktionsschluss ging Fars News allein in Teheran von circa 80 Toten und 329 Verletzten aus. Fars dementierte am Freitag nachmittag unter Berufung auf eine Sicherheitsquelle israelische Berichte, wonach Teheran am Freitag Drohnen auf Israel abgefeuert habe, und fügte hinzu, dass die Rache des Irans »in naher Zukunft« stattfinden werde.

Der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) meldete Teheran, dass die Urananreicherungsanlage in Natans getroffen worden sei, es jedoch keinerlei radioaktive oder chemische Kontamination gebe. Militärangaben aus Israel zufolge soll auch der unterirdische Bereich der Anlage getroffen worden sein. Noch am vergangenen Sonnabend hatte IAEA-Chef Rafael Grossi in einem Interview mit Financial Times gesagt, dass das Land zwar nicht im Besitz einer Atombombe sei, jedoch über das nötige Material zum Bau einer solchen verfüge. Mehr als ein Angriff sei nötig, um die nuklearen Kapazitäten zu zerstören. Nach den ersten Angriffen vom Freitag forderte er dann, Atomanlagen dürften »niemals angegriffen werden«. Eine Verurteilung Israels blieb aus. Die iranische Atomorganisation bezeichnete die IAEA daraufhin als mitverantwortlich für die Taten des »zionistischen Regimes«.

Dessen engster Verbündeter, US-Präsident Donald Trump, lobte die Angriffe gegenüber ABC News als »exzellent« und kündigte an, dass noch viel heftigere folgen würden und bereits geplant seien. Er drohte, dass Iran doch nun endlich einen Atomdeal abschließen solle, sonst werde nichts mehr von dem Land übrigbleiben. In einem Telefonat mit Fox News sagte er zudem: Die USA würden Israel »wenn nötig« verteidigen. Unter Berufung auf einen israelischen Beamten berichtete die Jerusalem Post, dass Tel Aviv und Washington an einem Strang gezogen hätten und die für Sonntag geplanten Verhandlungen über das Atomprogramm nur ein Ablenkungsmanöver gewesen seien.

Wenig überraschend kündigte die iranische Regierung am Freitag an, die Verhandlungen nicht fortzuführen. Auf Bitten Teherans sollte sich der UN-Sicherheitsrat am Nachmittag (Ortszeit) mit der Causa befassen. Auch die IAEA fand sich zu einer Sondersitzung zusammen. Iran ist unterdessen auf sich gestellt – Verbündete wie die libanesische Hisbollah oder die jemenitischen Ansarollah verurteilten zwar die Angriffe, erteilten einer Unterstützung aber eine Absage.

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