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Von Lankwitz bis Vreden, überall Wunder

Von Andreas Gläser
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Kampfbetont: Michael Ambrosius von Altona 93 im Duell mit Isa Drammeh Jabbeh vom SV Hemelingen (Hamburg, 28.5.2025)

Vor knapp zwei Wochen rollten wir zum Aufstiegsrundenknaller an der Adolf-Jäger-Kampfbahn an. Altona 93 empfing vor 4.700 Zuschauern den SV Hemelingen aus Bremen. Blöderweise parkte der Gästespielerbus direkt vor dem Biergarten der Einheimischen, was von den AFC-Anhängern mit einer sensationellen Gelassenheit hingenommen wurde. Seit über zehn Jahren gilt dieser Platz als Parkie, das fällt aber nicht auf, weil in der fünftklassigen S-Bahn-Liga Hamburg niemand mit dem Spielerbus anrückt.

Jedenfalls kämpften vier Vereine um einen der ersten beiden Plätze, um in die viertklassige Regionalliga Nord aufzusteigen. Neben den Erwähnten waren das noch der Heider SV aus Schleswig-Holstein und der FC Schöningen aus Niedersachsen. Letzterer ging als Zweitplatzierter seiner Staffel ins Rennen, da sich der Hannoversche SC als Meister bereits qualifiziert hatte. Zwischen dem AFC und dem SVH ging es kampfbetont zur Sache. Zweimal führte die Heimmannschaft, doch kurz vor Schluss fraß man den 2:2-Ausgleich. Einige Tage später nahm das Unglück seinen Lauf, der AFC verlor als namhafter Gruppenfavorit beim Heider SV schmeichelhaft mit 1:2. Der FC Schöningen dagegen hatte mit seinem zweiten Sieg bereits das Aufstiegsticket gelöst. 2:1 gegen Heide, 4:0 in Hemelingen. Verrückte Welt.

Einen Tag zuvor traf in Berlin-Lankwitz der BFC Preussen auf Eintracht Mahlsdorf. Die Gäste führten knapp in der fünftklassigen Oberliga NOFV-Nord. Ein Unentschieden genügte ihnen für den direkten Aufstieg in die Regionalliga Nordost. In der 95. Spielminute knallte der Fernschuss eines Preussen von der Lattenunterkante auf die Torlinie und von dort aus zurück ins Spielfeld. Der Linienrichter signalisierte per Tatsachenentscheidung auf Tor, auch ein später aufgetauchtes Video sollte den Eindruck vermitteln, der Ball wäre zum 1:0 hinter der Linie gewesen. Nur ein Fake? Auf der Seite vom Postillion gab es ein Foto, auf dem sich der Ball sogar hinter dem Tor befand.

Derart eingestimmt, nahmen wir am letzten Mittwoch die Minichance von Altona 93 in Augenschein. Am dritten und letzten Spieltag musste auf neutralem Boden, in Vreden an der Grenze zu den Niederlanden, gegen Schöningen gewonnen werden, während Heide in Hamburg gegen Hemelingen eben nicht drei Punkte einfahren durfte. Das Wunder von Vreden kam per 2:0-Sieg, während an der Elbe kein Tor fiel. In der kommenden Saison werden in Altona die Gästebusse aus Lübeck, Meppen und Emden müffelnd und protzend vor der Kampfbahn parken. Oh je.

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