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Was man wählt, bekommt man geliefert

Von Mumia Abu-Jamal
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Ich glaube, wenn die Leute erst einmal nachdenken, werden sie die Schwere und das Ausmaß ihrer Massenverdummung erkennen. Ich sage das nur ungern, aber manchmal ist es einfach so, wie es ist: Wenn man einen Dummkopf wählt, darf man sich nicht wundern, dass man auch Dummheit geliefert bekommt. Diese Katze macht alles kaputt im Haus, und das ist wunderbar und erschreckend zugleich. Denn wir müssen erkennen, dass es ein Beispiel für massenmedial manipulierte Wahnvorstellungen ist, wenn das vielleicht mächtigste Imperium der Weltgeschichte glaubt, vom Rest der Welt betrogen worden zu sein und nicht umgekehrt.

Das ist beängstigend, denn der Schmerz und das Leid, die daraus resultieren werden, sind nahezu unabsehbar. Billionen US-Dollar werden dabei im Spiel sein. Das ist so, als würde man das Geld verbrennen, einfach verbrennen. Genau das passiert, und deshalb sind die Geschäftsleute, die Unternehmen, völlig in Aufruhr darüber. Sie versuchen, zu einem Holzkopf durchzudringen, der sie nicht hören kann, weil sein Ego so laut ist. Es ist schrecklich, denn wir sehen, wie jeden Tag Geschichte geschrieben wird, und zwar keine gute.

Und das ist der Grund, warum es gleichzeitig so wunderbar ist. Lenin sagte einmal: »Es gibt Jahrzehnte, in denen nichts geschieht, und es gibt Wochen, in denen Jahrzehnte geschehen.« Wir befinden uns mitten in einem gesellschaftlichen Wandel, dessen Ende wir nicht absehen können, weil wir zu dumm sind, weil wir zu egoistisch sind und weil wir zu leichtsinnig sind, oder? Zum Beispiel sind Anfang Mai sechs Billionen US-Dollar vom US-Aktienmarkt verschwunden. Einfach verschwunden! Und wenn ich mir die Nachrichten ansehe und von den Anleihemärkten höre, dann werde ich darüber informiert, dass zum ersten Mal seit Jahrzehnten die Ankäufe auf diesen Anleihemärkten – ich spreche von Schatzbriefen, den sogenannten T-Bills, die über zehn, dreißig oder fünfzig Jahre Rendite abwerfen können – zurückgegangen sind.

Das ist bemerkenswert, denn wenn die Wirtschaft im Chaos versinkt, und das passiert im Moment, dann investieren die Leute als letztes in T-Bills, die normalerweise als sichere, vom Staat gestützte Wertpapiere gelten. Aber als deren Zahl zu sinken begann, schauten die Leute auf die Regierung und sagten: »Ich kann diesen Leuten nicht mehr trauen. Ich investiere auf keinen Fall in Schatzbriefe.« Das deutet darauf hin, dass es sich um langfristige oder sogar um internationale Investoren handelte, die ihr Geld woanders hin verlagert haben oder einfach nicht mehr kaufen wollten.

Das war das Warnsignal, das US-Präsident Donald Trump zu der neunzigtägigen Pause für die Erhöhung der Zölle veranlasst hat. Bewegt hat ihn, was er von einigen Leuten an der Spitze des Finanzhaufens zu hören bekam, aber ich denke, es ist längst zu spät. In vielerlei Hinsicht ist der Schaden bereits angerichtet, denn die Zölle sind nicht die einzige Sache, sondern ein Teil dessen, was politisch und wirtschaftlich, in bezug auf Einwanderer, auf das Programm von »Diversität, Chancengleichheit und Inklusion«, viele andere irrsinnige Trump-Dekrete und all diese Dinge passiert. All das ist hirnloser Blödsinn, aber es ist gemein und hat seine Auswirkungen. Die Menschen betrachten die Vereinigten Staaten auf eine Art und Weise, wie sie es zu unseren Lebzeiten noch nie getan haben. Vielleicht war Vietnam nahe dran, aber was wir heute erleben, ist eine andere Art von innerem Wahnsinn, der im Herzen des Imperiums tobt.

Übersetzung: Jürgen Heiser

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