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Aus: Ausgabe vom 30.05.2025, Seite 1 / Titel
Aufrüstung

EU füllt Kriegskasse

Verordnung über beispiellose gemeinsame Rüstungsdarlehen seit Donnerstag in Kraft. Merz: EU ist »Friedensprojekt«
Von Arnold Schölzel
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Aachen, 29. Mai: Einer der Scharfschützen am Markt bei der Verleihung des Karlspreises an Ursula von der Leyen

Die EU stellt bis zu 150 Milliarden Euro für die gemeinsame Beschaffung von Rüstungsgütern bereit. Am Mittwoch erschien nach zweimonatigen Verhandlungen im EU-Amtsblatt die am Vortag von den sogenannten Europaministern beschlossene Verordnung »zur Festlegung des Instruments ›Sicherheitsmaßnahmen für Europa (SAFE) durch die Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie‹«. Am Donnerstag trat sie in Kraft. Am selben Tag erklärte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bei der Verleihung des Aachener Karlspreises an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: »Wir werden das Friedensprojekt Europa, das nach innen so erfolgreich war, weiterentwickeln müssen – zu einem Friedensprojekt auch nach außen.« EU-Europa müsse so stark werden, »dass es den Frieden auf unserem Kontinent wiederherstellen und die Freiheit auf Dauer sichern kann«.

Von der Leyen hatte am 4. März SAFE als Teil ihres fünf Punkte umfassenden »Rearm Europe«-Plans (Europa wiederbewaffnen) vorgestellt. Zu dessen Begründung führte sie an: »Wir befinden uns in einer Ära der Aufrüstung.« Der Plan könne den EU-Ländern bis 2030 Investitionen im Verteidigungssektor von bis zu 800 Milliarden Euro ermöglichen. Damals erklärte sie, es gehe um »die kurzfristige Dringlichkeit«, die Ukraine zu unterstützen, sowie darum, »der langfristigen Notwendigkeit gerecht zu werden, viel mehr Verantwortung für unsere eigene europäische Sicherheit zu übernehmen.«

Mit SAFE wird Geld für Rüstungsvorhaben in Form von Darlehen, die über den EU-Haushalt abgesichert werden, bereitgestellt. Es soll laut von der Leyen für »Luft- und Raketenabwehr, Artilleriesysteme, Flugkörper und Munitionsdrohnen sowie Drohnenabwehrsysteme, aber auch Cyberabwehr und militärische Mobilität« zur Verfügung stehen. Der polnische Europaminister Adam Szłapka hatte im Namen des derzeitigen EU-Ratsvorsitzes seines Landes am Dienstag erklärt: »Es handelt sich um ein beispielloses Instrument, das unsere Verteidigungsfähigkeiten stärken und unsere Verteidigungsindustrie unterstützen wird.«

Der Sender Euronews hatte entsprechend bereits am 21. Mai den SAFE-Beschluss auf Botschafterebene mit »Europa greift zur Waffe« gefeiert. Am Dienstag folgte die FAZ: »Endlich gemeinsam Waffen beschaffen«. Das Blatt analysierte, SAFE solle »die nächste Generation europäischer Waffensysteme hervorbringen« und »der wichtigste Hebel sein, um die europäische Rüstungsindustrie zu konsolidieren – und so die Abhängigkeit von den USA zu verringern«. Darin liege seine strategische Bedeutung. Das Programm ist daher global ausgerichtet: Neben den 27 EU-Staaten dürfen sich die vier Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation – Norwegen, die Schweiz, Island und Liechtenstein – sowie die Ukraine beteiligen. Es steht ferner allen EU-Beitrittskandidaten und Ländern, mit denen die EU eine Sicherheitspartnerschaft abgeschlossen hat, offen – das sind Japan, Südkorea und Großbritannien. Nach FAZ-Informationen laufen auch Gespräche mit Australien und Indien.

Bei der Entgegennahme des Karlspreises bekräftigte von der Leyen den weltweiten Anspruch: »Noch in dieser Dekade wird sich eine neue internationale Ordnung herausschälen.« Sie müsse von »Europa« gestaltet werden: »Unser Auftrag heißt – europäische Unabhängigkeit.« Einige hundert Demonstranten protestierten am Donnerstag in Aachen gegen die Aufrüstungspläne.

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