Der Lauf seines Lebens
Von Marco Bertram
Während im heimischen Waldesruh in den 80ern ein paar Kumpels bei der BSG Bau Marzahn auf dem örtlichen Waldsportplatz gegen den Ball traten, war im nördlichen Mahlsdorf auf dem berüchtigten Sportplatz Am Rosenhag die Betriebssportgemeinschaft des Gesundheitswesens beheimatet. Zuerst als BSG Medizin Lichtenberg, dann als BSG Medizin Marzahn und BSG Medizin Berlin spielten die Mahlsdorfer nicht nur Fußball, sondern auch Tennis, Tischtennis, Volleyball und Schach.
Weshalb der Sportplatz Am Rosenhag bei uns Schülern berüchtigt war, hatte einen guten Grund. Während die damaligen Schulsportfeste meist auf dem Sportplatz von Stern Kaulsdorf (damals Lokomotive Berlin-Ost) ausgetragen wurden, musste man bei den BZA-Läufen am Rosenhag antreten. 800 Meter Staffel! Im muffigen Umkleideraum drehte unser Sportlehrer wie General Custer am Little Bighorn– und tatsächlich war er NVA-Offizier – seine Runden, zog einen Flunsch und fragte: »Marco, Mittwoch abend dabei auf dem Rosenhag?« Aber klar doch, wenngleich 800-Meter-Läufe wirklich so ziemlich das Härteste sind, was die Laufwettbewerbe zu bieten haben. Die finalen Wettbewerbe im Jahn-Sportpark winkten, und ich gab wirklich alles. Bei nasskaltem Wetter lief ich mit dem Staffelstab in der Hand den Lauf meines Lebens – und war danach eine Woche krank.
Mitte der 90er Jahre brachte ich meinen kleinen Bruder häufig zum Fußballtraining der F- und E-Junioren am Rosenhag. Aus der BSG Medizin wurde wieder Eintracht Mahlsdorf, die einst im Jahre 1897 als Turnsport-Verein Eintracht ins Leben gerufen worden war. Die Gründungsidee soll auf eine Wanderung am Himmelfahrtstag 1896 zurückgehen. Wenn das nicht sympathisch klingt! Bereits seit 1921 trägt die Eintracht auf dem Sportplatz Am Rosenhag ihre Heimspiele aus, und als mein kleiner Bruder als Knirps das lilafarbene Trikot trug, spielten die ersten Herren noch in der Kreisliga A. Wer hätte damals gedacht, dass man 30 Jahre später im Finale des Berliner Landespokals stehen würde? Und nicht nur das: Der Aufstieg in die Regionalliga Nordost ist zum Greifen nahe. Zwar ging das Landespokalfinale am vergangenen Sonnabend im ausverkauften Mommsenstadion gegen den BFC Dynamo nach wackerem Kampf mit 0:2 verloren – selbstverständlich war mein Bruder auch vor Ort –, doch kann sich nun auf ein weiteres Endspiel konzentriert werden. Da der BFC Preussen bei Optik Rathenow nicht über ein 1:1 hinauskam, würde den Mahlsdorfern am kommenden Sonnabend beim Auswärtsspiel bei Preussen ein Unentschieden genügen, um den Sprung nach oben zu packen. Mein Bruder und ich werden sicherlich am Start sein.
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