Kurz vor Zappenduster
Von André Dahlmeyer
Einen wunderschönen guten Morgen! Alea iacta est. Die Achtelfinals der argentinischen Meisterschaft im Balltreten für Jungs verliefen praktisch nach Plan. Eröffnet wurden sie mit dem Match zwischen Papstklub San Lorenzo de Almagro und Tigre aus dem Norden der Hauptstadt. San Lorenzo hat bislang eine erstaunliche Saison gespielt. Als Papst Franziskus den Löffel abgab, wurde in den Morgenstunden des kommenden Tages ein Video filtriert, das den Präsidenten des Klubs dabei zeigt, wie er Bestechungsgelder annimmt, von einer Mutter, die dafür bezahlt, dass ihr Steppke Erstligaspieler wird. 20.000 US-Dollar, fünfzehn in die Jackett-Innentasche, fünf in die Hose (zackig, ohne Nachzählen), in einer Zeit, in der beinahe alle Argentinier hungern. Das Filmchen ist von 2024, ein typisches Dossier. Kam trotzdem nicht gut an. Riesenskandal, aber fast schon wieder vergessen. Sowas sitzt sich aus. Der Hunger ist stärker als der Groll. San Lorenzo spielte fast das ganze Spiel in Unterzahl, eine Minute vor Schluss gelang Alexis Cuello der vielumjubelte Treffer zum 2:1-Endstand.
Die Argentinos Juniors spielten im Maradona-Stadion von La Paternal gegen Last-Minute-Qualifikant Instituto de Córdoba. Im ersten Abschnitt machten beide Teams auf dreckige kleine Frettchen, Arbeitsverweigerung. Nach dem Wechsel kullerten die Augen. Die Fans des »Bicho« begannen damit, Kackbecken aufs Spielfeld zu schmeißen. Wer jetzt noch musste, musste das Große nehmen. Half ad hoc (HAH). ACAB wäre in Argentinien Unsinn. Weiß eh jeder. Eine Minute vor Schluss gelang dem ehemaligen Independiente-Kicker Ismael Sosa, mittlerweile auch schon 38, die entscheidende Einlochung zum 3:1 für die Gastgeber. Im Viertelfinale hat der Bicho Heimrecht gegen die Sanlorencistas, das wird ein heißer Tanz.
Rosenkranz Central ist zu Hause nicht zu schlagen. Auch gegen Estudiantes de La Plata, das Überteam der vergangenen Saison, gelang ein 2:0-Erfolg. Das erste Tor fiel kurz vor Zappenduster, das zweite in der Nachspielzeit. Glück schreibt sich anders. Erzrivale Newell’s Old Boys, der Klub bei dem Messi ausgebildet wurde und der Maradona Exil bot, als er international wegen Drogenkonsums gesperrt war, hatte sich nicht qualifiziert. Im Viertelfinale wird nun der »Globo« erwartet, Huracán. Nur einmal Meister in Argentinien, damals, 1973, mit César Luis Menotti als Standartenführer. Huracán gewann mit 3:2 gegen Deportivo Riestra, den Klub des Maradona-Klans. Stieg mehrfach aus den Unterklassen unter dubiosen Umständen auf.
Die einzige richtige Sensation gab es im Match zwischen Racing Club und Platense, dem Calamar (Tintenfisch). Der einzige Treffer fiel kurz vor Schluss. Immerhin, in der Copa Libertadores führt die Académia die Tabelle nach vier von sechs Spielen noch an. Platense darf noch mal gegen Rekordmeister River Plate (3:0 gegen Barracas Central) ran, das war’s dann wohl. Dass Boca Juniors gegen den CA Lanús ins Elferballern musste, hatte niemand erwartet. Im Viertelfinale geht’s gegen Independiente (1:0 gegen Independiente Rivadavia). Als komplett unabhängiger Sportjournalist möchte ich selbstredend, dass Independiente das Match 25:0 gewinnt.
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