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Aus: Ausgabe vom 14.05.2025, Seite 10 / Feuilleton

Schaumäker, Lesch, Münch, Krößner, Weigel

Von Jegor Jublimov
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Irma Münch im November 2010 auf der Beerdigung von Schauspielkollegin Helga Göring auf dem Georgen-Friedhof in Berlin

Die Schauspielerin, die kurz vor Weihnachten 1952 mit 27 Jahren als erste deutsche Fernsehansagerin nach dem Kriege durch den noch als Versuchsprogramm bezeichneten Fernsehabend des DFF führte, war Margit Schaumäker. Bis 1964 sagte sie an, moderierte danach noch Magazinsendungen, spielte Film- und Fernsehrollen, hatte sich aber auch dramaturgische Kenntnisse angeeignet und arbeitete mit Autorenfilmern zusammen wie Ulrich Thein (»Ein altes Modell« mit Erwin Geschonneck, 1976) oder dem US-Amerikaner Dean Reed (»El Cantor« über Víctor Jara, 1977). Sie starb 2012 in ihrer Heimatstadt Berlin, wo sie am 12. Mai 1925 zur Welt kam.

In vielen Ländern Europas nahm man den Tod von Karin Lesch am 12. März zur Kenntnis, obwohl sie ihre Laufbahn schon vor 50 Jahren beendet hatte. Doch die Schauspielerin, die am kommenden Sonntag 90 Jahre alt geworden wäre, spielte in einem deutsch-tschechoslowakischen Kultfilm der Defa eine tragende Rolle: Sie war 1973 die Königin in »Drei Haselnüsse für Aschenbrödel« neben Rolf Hoppe, ihrem Kollegen am Dresdner Schauspiel. Im Schweizer Exil ihrer Mutter Mathilde Danegger kam Karin Lesch in Zürich zur Welt und lebte ab 1951 in der DDR. Hier spielte sie mit 18 ihre erste Fernsehrolle, nahm Schauspielunterricht und war neben der Theaterarbeit ab 1959 auch in Filmen aktiv, beispielsweise in »Die Toten bleiben jung« (1968). Im September 2023 musste sie erleben, dass ihr Sohn Michael Mäde-Murray, der langjährige Leiter der jW-Ladengalerie, schon vor ihr starb.

In »KLK an PTX – Die Rote Kapelle« (1971) spielte Lesch die Ärztin und Widerstandskämpferin Elfriede Paul an der Seite von Irma Münch als Mildred Harnack. Münch, die am Donnerstag 95 Jahre alt wird, zählte seit den 50er Jahren zu den vielbeschäftigten Schauspielerinnen der DDR, am Theater, ab 1966 dann fest im Adlershofer Fernsehensemble, wo sie anspruchsvolle, aber auch volkstümliche Rollen in Serien spielte und daneben Funktionen in Partei und Gewerkschaft wahrnahm. Im neuen Jahrtausend gastierte Münch in Konstanz, wie auch beim von Edda Moser geleiteten »Festspiel der deutschen Sprache« am Goethe-Theater Bad Lauchstädt.

In der »Polizeiruf«-Folge »Schwarze Ladung« spielte Münch eine kriminelle Buchhalterin, an ihrer Seite Renate Krößner. Die hatte mit 20 Jahren ihre Film- und Fernseharbeit begonnen und wurde mit Konrad Wolfs heute als Kultfilm angesehenen »Solo Sunny« 1980 berühmt. Anlässlich ihres 80. Geburtstages am Sonnabend und ihres fünften Todestages eine Woche später zeigt der MDR am Freitag im Mittagsprogramm den Film »Anderst schön« (2015), in dem sie eine Alkoholikerin spielt.

Als eine der bedeutendsten deutschsprachigen Schauspielerinnen des 20. Jahrhunderts gilt Helene Weigel, die am 12. Mai vor 125 Jahren in eine jüdische Familie in Wien geboren wurde und ab 1919 an deutschen Bühnen tätig war. In Berlin lernte sie 1923 Bertolt Brecht kennen und heiratete ihn 1929. Für beide folgten ab 1933 bittere Exiljahre, in denen Weigel, die nur die deutsche Sprache beherrschte, wenige Rollen übernahm, so die stumme Kattrin in »Mutter Courage und ihre Kinder«. Später sollte die Titelrolle ihr größter internationaler Triumph werden. Die Arbeit, die sie ab 1948/49 als Intendantin des Berliner Ensembles leistete, ist nicht hoch genug zu schätzen. Daneben stand sie in zahlreichen Rollen auf der Bühne. Sehr selten sah man sie in Filmen, und darum spielt sie in den Medien heute keine wichtige Rolle mehr. Der 125. Geburtstag der 1971 verstorbenen Jahrhundertschauspielerin bietet Anlass, vielfach an sie zu erinnern.

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