»Moskau muss brennen«
Von Susann Witt-Stahl
Die von der prowestlichen faschistischen Internationale ersehnte neue »deutsch-ukrainische Bruderschaft« gegen den »bolschewistischen Feind« nimmt Konturen an. Den direkten Krieg, den deutsche Politik und Medien seit Jahren vorantreiben und ideologisch vorbereiten – deutsche Neonazis führen ihn bereits seit Juni 2023. Was sich großspurig »Deutsches Freiwilligenkorps« (DFK) nennt, dürfte gerade einmal die Mannstärke eines Trupps erreichen. Das hat Kiews Militärführung nicht daran gehindert, es in die ukrainischen Streitkräfte zu integrieren: Seit April 2025 gehört das DFK dem 49. Sturmbataillon »Karpaten-Sitsch« der ukrainischen Bodentruppen an.
Das 2014 nach dem Maidanputsch von Mitgliedern der Swoboda-Partei und der Wehrsportgruppe »Sokil« gegründete »Karpaten-Sitsch«-Bataillon, das zwischenzeitlich aufgelöst und 2022 reaktiviert wurde, ist eine Freiwilligeneinheit. Es steht in der Tradition der »Karpaten-Sitsch«, die 1938 auf Initiative der faschistischen Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) aufgestellt und im Unabhängigkeitskampf gegen Ungarn aufgerieben worden war. Viele ihrer Angehörigen schlossen sich in den 1940er Jahren der Ukrainischen Aufständischen Armee (UPA) des Bandera-Flügels der OUN an. Unter ihnen fand sich Roman Schuchewitsch, später Kommandeur der UPA, der bis heute vom »Karpaten-Sitsch«-Armeebataillon verehrt wird. Daran, dass dessen Vorgänger zeitweise mit Hitlerdeutschland kollaborierten, erinnern SS-Runen und -Totenkopfsymbole, die einige Kompanien des Bataillons in ihren Verbandskennzeichen verwenden.
Das DFK rekrutiert sich bis heute aus dem Umfeld der Kleinstpartei Der III. Weg. Die Neonazis unterhalten seit Jahren Kontakte zu Swoboda, Sokil sowie zur »Asow«-Bewegung, sammeln Spenden für ukrainische Faschisten und nahm im August 2024 gemeinsam mit dem DFK, dem Russischen Freiwilligenkorps und weiteren für Kiew kämpfenden Neonazieinheiten an einer Konferenz der faschistischen Internationale in Lwiw teil. Dass das DFK am 20. April Adolf Hitler auf seinem offiziellen Social-Media-Kanal zum »Wiegenfest« gratulierte, scheint die ukrainische Armeeführung nicht zu stören. Ebenfalls nicht die revanchistische Manifestation, die das DFK zum 80. Jahrestag der Befreiung veröffentlicht hat: »In Deutschland hat man den 8. Mai 1945 nicht vergessen, und schon gar nicht wird er gefeiert!« erklärte das DFK und verlangte vom deutschen Volk »selbigen Mut, selbige Treue, selbige Opferbereitschaft«, wie sie einst Hitlers Soldaten bewiesen hätten – »für eine strahlende Zukunft im Glanze der alten Herrlichkeit«.
Das »Karpaten-Sitsch«-Armeebataillon, das derzeit im Ukraine-Krieg in der Region Torezk kämpft, hat einen hohen Anteil an Ausländern aus Spanien, Kolumbien, Großbritannien und den Vereinigten Staaten, darunter auch ehemalige Armeesoldaten, die im NATO-Einsatz in Jugoslawien waren. Mit der Eingliederung des DFK in die ukrainischen Streitkräfte dürften die ideologischen Enkel von Hitlers Rassekriegern Zugang zu aus den USA und der EU gelieferten Waffen sowie Ausbildung auf NATO-Standard bekommen: »Ihr erhaltet eine komplette Ausrüstung, technisches Training, medizinische Versorgung und Vorbereitung für den Häuserkampf« verspricht DFK-Gründer Stephan K. in einem Rekrutenwerbevideo. Mit der Behauptung, Deutschland werde in der Ukraine verteidigt, die auch Politiker hierzulande nicht müde werden zu wiederholen, forderte das DFK schon vor Monaten bei Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius Waffen und Munition ein. Zum Jahresende 2024 hatte das DFK bereits angemahnt, was die Merz-Regierung nun bald liefern könnte: »Wann kommt der ›Taurus‹? Moskau muss brennen.«
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