Glück muss man haben
Von Gabriele Damtew
Wenn es Richtung Saisonende ans Eingemachte geht, zeigt sich im Fußball gnadenlos und unabhängig von der Liga, wer über die besten Nerven, die konstanteste Kondition und nicht zuletzt das nötige Selbstvertrauen verfügt. Und wer Glück hat. Der vorvorletzte Spieltag der dritten Liga versprach Nervenkitzel. Spitzenreiter Dynamo Dresden war beim direkten Verfolger Arminia Bielefeld zu Gast; beide trennte nicht nur Geschichte, Geographie und Mundart, sondern auch ein wichtiger Punkt. Dynamo wollte unbedingt drei Zähler dazu und damit die sichere Fahrkarte in die zweite Bundesliga. Unwahrscheinlich auf der Alm beim Pokalfinalisten im Aufwind. Doch die Dynamos verteidigten ihre Führung aus dem Nichts bis in die fünfte Minute der Nachspielzeit. Das Remis fiel erst durch ein Eigentor. Soviel zum Glück. Die Aufstiegsparty wurde gecancelt. (Passierte aber auch Bayern München in letzter Minute, mit armen Privatjetpiloten auf Standby.) Den Punkt Vorsprung kann sich Dresden jetzt aber nur selbst wegnehmen.
Apropos wegnehmen: Durch ein hart umkämpftes 4:3 gegen den nie zu unterschätzenden SC Verl kämpfte sich die Offensive von Saarbrücken, allen voran Hattricker Florian Krüger, vorläufig auf den dritten Tabellenrang, den Relegationsplatz, zuletzt in Lausitzer Hand – genau am entgegengesetzten Horizont unserer schönen Republik. Cottbus musste also am Sonntag zu Hause nachlegen. Der Gegner: das im Strudel des Abstiegskampfes befindliche Waldhof Mannheim. Klingt gefährlich, war es auch. Zwar ging Energie früh in Führung, der Waldhof glich aber nur eine Minute später aus. Bei wem würde die Motivation höher sein? Möglicher Relegationsplatz oder Klassenerhalt? Man wollte nicht in ihren Trikots stecken. Schon gar nicht in denen der Cottbusser Abwehr, die mehrfach grob fahrlässig patzte. Beim 1:2, 1:3 und besonders beim 1:4. Nichts gegen die Mannheimer Schützen. Ein schöner Strafstoß kam noch von Tolcay Ciğerci (2:4), den Energies Naturgewalt Timmy Thiele rausgeschindet hatte.
Das habe nichts mit Spitzenfußball oder dritter Liga zu tun, machte Cottbus-Coach Claus-Dieter Wollitz (seit sein Team im Abwärtstrend ist, seltener »Pele« genannt) seinem Frust im Bezahlfernsehen Luft. Schön, mal Spitzenfußball und dritte Liga in einem Satz zu hören. Dennoch fügen wir als Unterklassen hinzu: schon gar nichts mit zweite Bundesliga. Und so ist dieselbe auch nicht mehr aus eigener Kraft zu erreichen. Im Gegenteil, sogar Cottbus’ vierter Tabellenrang ist in Gefahr, der immerhin zur Teilnahme am DFB-Pokal berechtigt. Denn Hansa Rostock siegte beim ehemaligen Aufstiegsaspiranten Sandhausen mit 3:0, dessen Abstieg damit offiziell wird. Rostock kann am Mittwoch im Nachholspiel gegen schon abgestiegene Unterhachinger sogar am Ostrivalen vorbeiziehen, so der Fußballgott, oben erwähnte Attribute des langen Atems oder das Glück es will.
Vollkommenes Glück empfindet der neue Aufsteiger 1. FC Schweinfurt 05 aus der Regionalliga Bayern nach 23 Jahren Abstinenz vom sogenannten bezahlten Fußball.
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vom 06.05.2025