Martin, Wolff, Lemmon
Von Jegor Jublimov
Ihre Karriere reichte vom »flotten Backfisch« über die Märchenprinzessin (»Wer reißt denn gleich vor’m Teufel aus«, 1977) zur engagierten Lehrerin (»Max und siebeneinhalb Jungen«, 1980). Katrin Martin hatte 1968 eine Notiz im Filmspiegel gelesen, wonach die neugegründete Schauspielschule Rostock noch Bewerbungen entgegennimmt. Die Lausitzerin bewarb sich erfolgreich und spielte bald in Brandenburg, Neustrelitz und Berlin Theater. Wenige Tage nach ihrem 22. Geburtstag war sie in einem heutigen Defa-Kultfilm zu entdecken. In der Komödie »Der Mann, der nach der Oma kam« spielte sie die muntere Tochter von Rolf Herricht, die sich die von Winfried Glatzeder gemimte Haushaltshilfe unter den Nagel reißen wollte. Sie wurde zum Kinoliebling, gelegentlich auch in Hauptrollen wie im DFF-Lustspiel »Die Seefee« (1974) und dem Märchen »Schneeweißchen und Rosenrot« (1979). Regiegrößen wie Iris Gusner, Bernhard Stephan und Andreas Dresen setzten sie oft ein, und beim Hörspiel (auch als Regieassistentin) fand sie ein weiteres Betätigungsfeld. Am Montag ist sie 75 Jahre alt geworden.
Eine Anarchistin spielte Katrin Martin in dem kurz vor der Russischen Revolution von 1905 angesiedelten Jugendfilm »Die Schmuggler von Rajgrod« mit Walter Plathe (1979/80), in dem Gerry Wolff den Juden Feinstein verkörperte. Der Schauspieler, der ein breites Rollenspektrum bediente, gehört zu den unvergessenen Legenden bei Film und Fernsehen der DDR. Am 20. Juni 1920 in eine jüdische Schauspielerfamilie in Bremen geboren, konnte er 1935 nach England emigrieren, wo er in einem Internierungslager erstmals auf der Bühne stand und sich in der Exil-FDJ engagierte. Ab 1947 konnte er schnell in Ostberlin als Schauspieler Fuß fassen, spielte sowohl an der Volksbühne und oft in Nebenrollen vor der Kamera. Die waren immer bemerkenswert, ob im Antifafilm (»Nackt unter Wölfen« 1963, neben Armin Mueller-Stahl), in der Operette als Jacques Offenbach (»Orpheus in der Unterwelt«, 1974) oder in der Komödie (»Jetzt oder nie«, 2000). Mit seiner modulationsfähigen Stimme wirkte er nicht nur als Sprecher, sondern entwickelte auch ein bemerkenswertes Chansonrepertoire, aus dem das Antikriegslied »Die Rose war rot« herausragt. So lautete auch der Titel von Wolffs Memoirenbuch im Karl-Dietz-Verlag. Am 16. Februar vor 20 Jahren starb er in Oranienburg.
»Seit ich mit dir gearbeitet habe, ist es für mich wieder eine Ehre, in diesem Beruf tätig zu sein«, sagte Jack Lemmon zu Armin Mueller-Stahl, als beide 1997 im Remake von »Die 12 Geschworenen« auftraten. Lemmon, der am 8. Februar 100 Jahre alt geworden wäre – er starb 2001 –, war nicht nur der brillante Komiker der fünfziger und sechziger Jahre neben Tony Curtis oder Walter Matthau. Er machte in »Das China-Syndrom« (1979) auf die Gefahren der Atomenergie und in »Missing« (1982) auf die Rolle der CIA beim Putsch in Chile aufmerksam. Der Komiker war zum Charakterhelden geworden.
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